Grateful Dead

Shakedown Street

Rhino (Warner)

Als sich Grateful Dead im September letzten Jahres entschlossen, ein Konzert zu Füßen der Spinx, bei den Pyramiden von Gizeh zu veranstalten, schüttelten langjährige Beobachter der US-Rockszene nur die Köpfe: Buddy-Holly-Rockabilly für ägyptische Fellachensöhne und für die Söhne und Töchter der im Lande gebliebenen, ehemaligen Kolonialherren aus Großbritannien? Zu diesen gesellten sich noch etwa 110 eingefleischte „Deadheads“, Fans und Mitglieder der (inzwischen aufgelösten) Grateful-Dead-Community. Die arabisch-israelisch-amerikanischen Friedensverhandlungen in Camp David standen kurz vor dem Abschluß, und in der Wüste erlebte „ShakedownStreet“, ein an Kiederlieder gemahnendes Reggae-Stück, seine Uraufführung. Das Grabgelaß des Pharao Cheops diente als Echokammer!! Eben: Jerry Garcia, der Rockpatriarch, Überlebender einer längst fossilen Hippie-Kultur, ist noch immer der irritierendsten Einfälle fähig.

Die nun vorliegende LP „Shakedown Street“ ist ein Zerrspiegelkabinett angloamerikanischer Musiktradition, die Grateful Dead kommentarlos zu seltsamen Collagen zusammenstellt. Seite eins beginnt mit einer Latinorock-Shuffle, „Good Lovin'“; eine Kreuzung aus Samba und Four-beat. Ein verzögerndes percussion pattern (Grateful Dead Markenzeichen seit der „Blues for Allah-LP), die zirrpende Leadgitarre von Jerry, manchmal süßlicher, dann wieder eigenwillig dissonanter Harmoniegesang von Donna und Keith Godchaux bestimmen Stücke wie „France“ (meiner Ansicht nach der beste Song dieser LP), den Titeltrack oder „Fire On The Mountain“. „Serengetti“ ist ein uhrwerkartig klingendes Perkussionsfragment. Seite zwei bringt mit „I Need A Miracle“ Rhythm & Blues-Elemente mit ins Spiel, ebenso „All New Minglewood Blues“ mit einem Text, der vom Einbuchten (einem Lieblingsthema des City-Blues) handelt und ein bißchen an B.B. King und Johnny Winter erinnert. Etwas kitschig: Donna Godchaux und „From The Heart Of Me“, wiederum mit jener synkopisch-klappernden Percussion, die Grateful Dead-Songs etwas kindlich Unbeschwertes gibt.