Joakim
Milky Ways
Electronic? Viel mehr!
Für die Visionen dieses Franzosen greift das meiste zu kurz. Da fehlt mindestens noch Krautrock und No Wave und Postrock und…Prima. Der Mann reißt selbst die Fenster auf, damit wir uns weit hinauslehnen können – und behaupten: Joakim Bouaziz ist ein Visionär! Das setzt natürlich ordentlich Mut voraus (das Visionäre, nicht das Behaupten). Bei diesem kühnen Franzosen ist es vor allem der Mut, Ruf und Image, die er als Remixer und Dance-Produzent gewonnen hat, zu ignorieren. Und der Mut, sich nicht nur aus der quasi geschützten Rolle des versierten Pattern-Schubsers auf die Suche nach einer eigenen Formensprache zu begeben – sondern sich im anderen Extrem, mit einer Band – Fleisch und Blut und: Jams! – auseinanderzusetzen.Als Ergebnis solcher künstlerischer Ausdehnungen gab es schon auf MONSTERS & SILLY SONGS (2007) eigentlich kaum noch Fenster, nur Horizont. MILKY WAYS aber sucht, schaut, geht weiter, türmt Lärm zum Doom auf, versucht den Krautrock fester noch mit dem Postrock zu verknoten, reißt Löcher auf, in denen andere Bands komplett verschwinden würden. Zitiert und fordert gar Can und Suicide heraus, schließt dabei aber Fortentwickler wie Trans Am und Add N To (X) bis hin zu Radiohead mit ein. Und dort, wo Joakim, näher an seinen Wurzeln, Gary Numan, Giorgio Moroder oder Public Image Ltd. zurate zieht, verhandelt er Italo-Disco, Air und LCD Soundsystem mit. Schließlich geschieht dies obendrein mit dem Mut zu einer Catchyness, die im experimentierenden Pop selten Platz findet. Nicht nur, weil sie dort eher verpönt ist, sondern weil kaum einem ein solcher Spagat gelingt wie Joakim.Die Bewertung: 5 Sterne
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