Joe Jackson – I’m The Man

Was haben ein Mann aus dem Gewerbe der ambulanten Händler und Schausteller und ein Rockmusiker gemeinsam? Sie müssen als fliegender Händler marktschreierisch und mit starken Sprüchen ihre Ware verscherbeln. Deshalb wohl steht unser Joe Jackson auf dem Cover seiner zweiten LP „I’m The Man“ als Billiger Jakob verkleidet da, hinterlistig grinsend wie die Verkaufskanonen auf dem Jahrmarkt. Vom Jahrmarkt der Liebe und der Rockmusik handeln auch die Songs, die sich ebenso schnell ins Ohr schleichen wie die von „Look Sharp!“ SHARP! Treffsicher sind Jacksons selbstironischer Witz, seine Beobachtungsgabe und seine Musik; dem eher weichen, lässigen Sound des ersten Albums folgt nun Rock pur mit Biss.

Das übliche Dreier-Instrumentarium ergänzt Joe Jackson nebst Gesang und Piano um altmodische Harmonica und Melodie-Klänge, die dem Ganzen noch mehr Trivial-Flair und Balladencharakter verleihen. Triumphierend rechnet er mit der Vergangenheit ab, wo keiner an seine Zukunft glauben wollte on your Radio, überwindet sein Zögern von „Is She Really Going Out With Hirn?“ auf „Kinda Kute“ selbstbewußter: „I’m the guy with the big feet, but plenty of nerve“. Er mokiert sich über die liberalen Liebesgepflogenheiten der Bourgeoisie („Geraldine And John“), rätselt erneut über Mädchen, nachdem er doch versucht hat, alles richtig zu machen, aber „It’s Different For Girls“ (in der Tat, lieber Joe Jackson; deine Eingeständnisse von Verwirrung machen deine Musik so unwiderstehlich!). Er beschreibt den Stehaufmännchen-Superman mit „I’m The Man“, den vergänglichen Musikerruhm in „The Band Who Wore Blue Shirts“ („…me and the bass guitarist have even shined our shoes, the drummer’s shoes are dirty to confuse“), die hohlen kicks des Starlebens mit „Don’t Wanna Be Like lhat („…now the cocaine club says welcome…“) und die allwöchentliche Alltagsflucht am „Friday“. Und wieder gibt es keine Nummer, die nicht nach zwei- oder dreimaligem Anhören sich festbeißt wie eine Zecke, sogar schmerzt, aber eben genau so stark wie man es sich wünscht, um sich lebendig zu fühlen. Joe Jackson, you’re the man, und nicht Elvis Costello oder wer auch immer!