John Cale – Black Acetate

Bin ich etwa im falschen Album? Die erste Frage, die den weit im John-Cale-CEuvre gereisten, statistisch erwachsenen und nach eigener Auffassung unbedingt junggebliebenen Musikliebhaber erfaßt, könnte von John Cale höchstpersönlich stammen. So eine Art Befindlichkeitsgrummeln, der lebenslänglichen Unzufriedenheit mit dem Erreichten geschuldet, die dem gemeinen, saturierten Rock-Oldie jenseits der 60 fremd ist. Cale braucht das Mosern und Keifen, er bearbeitet die Rockmusik wie einen harten Stein, nur daß er sich von Album zu Album neue Werkzeuge sucht. Zum Einstieg („Out Of The Bag“) diesmal eine Glamrocksäge, in Verbindung mit Saxophon und Boogie-Gitarre. das schrammt knapp an T. Rex vorbei, „TelegramSam“-Phase.Soviel Überraschung ist Pflicht beim Velvet-Underground-Prinzipalen, weiter geht’s in rascher Folge mit Gitarren aus dem klirrenden U2-Bilderbuch und majestätischem Krach („Ride“), einem kalten, weißen Funk-Stück und einem akustischen Katastrophen-Blues, der spooky genug ist, um Sixteen Horsepower aus den ewigen Jagdgründen zurückzuhalluzinieren („In A Flood“). Wie sich aus schicken Elektrobeatsein klassischer Cale-Rocker („Woman“) schält, verdanken wir der Kraft der drei Herren: Cale, Herb Graham Jr. (Macy Gray) and Mickey Petralia (Beck, Eels, Rage Against The Machine, Dandy Warhols). Black Acetate hat mehr Rock als die letzten Cale-Alben, aber das ist die einzige Verallgemeinerung, die man gelten lassen kann. Cale variiert zwischen Stilen und Tempi, zwischen Soundscape und Song, zwischen gestern und heute und bleibt immer hart am Auftrag: Vermeide das allzu Offensichtliche! Ein paar Mal hört sich Cale 2005 so grandios an wie auf Sabotage/live 1979 Man darf nur nicht ungeduldig werden und ein konsistentes Rock- oder Avantgardealbum fordern. Wenn Sie diesen Ratschlag befolgen, öffnen sich alle Türen in die Welt des John Cale wie von selbst. Wenn Sie’s nicht tun. aber auch (früher oder später sowieso). VÖ: 4.10.

www.john-cale.com