John Hiatt – Walk On

John Hiatts kreatives Hoch hält seit lahren an, und mit WALK ON hat er den vorläufigen Höhepunkt seiner schon zwei Jahrzehnte währenden Plattenkarriere erreicht. Mit seiner country-, folk- und bluesinfizierten Rockmusik schafft er es wie kaum ein anderer, musikalische Roadmovies im Kopf seiner Zuhörer ablaufen zu lassen, Hiatt arbeitet mit den Mythen des amerikanischen Traums, ohne in Marlboro-Mann-Klischees abzudriften. Bei ‚Dust Down A Country Road‘ meint man, den Straßenstaub im Gesicht zu spüren, bei ‚The River Knows Your Name‘ den Fluß dahinströmen zu sehen, bei der schaurigen Moritat ‚I Wrote It Down‘ den Wüstenwind heulen zu hören. Den für seine Verhältnisse brachialen Gitarrenrock von PERFECTLY GOOD GUITAR von 1993 und des Live-Albums vom Vorjahr hat John Hiatt drangegeben für ein akustisch geprägtes Klangbild, das am ehesten noch an seine Großtat BRING THE FAMILY (1987) erinnert. Gitarren, oft akustisch und wenn elektrisch, dann zurückhaltend, Banjo, Mandolinen, Akkordeon, Mundharmonika: Es ist ein archaisches Instrumentarium, das da aufgefahren wird, doch genau das richtige Vehikel für Hiatts melodiöse Geniestreiche. Die langsamen Stücke überwiegen, doch auch wenn mal Gas gegeben wird, wie bei ‚Good As She Could Be‘ oder ‚Native Son“, verliert die Musik nichts von ihrer Subtilität. Sie rollt mehr als sie rockt, immer druckvoll, doch stets relaxed. Den vermeintlichen Schlußpunkt setzt die ergreifende Piano-Ballade ‚Friend Of Mine‘. Als unerwartete Zugabe wird ein „hidden tratk“ titeis ‚Mile High‘ serviert. Sperrstunde im Roadhouse, und die Hausband jazzt noch ein bißchen. Hiatt hat’s einfach drauf.