L.L. Cool J – Bigger And Deffer CBS

Auch wenn sich Blues-Koryphäe Robert Cray, unser diesmaliger Gastkritiker, mit den Rap-Salven des 19jährigen Amerikaners nicht anfreunden konnte: L. L. Cool J macht mit seinem zweiten Album das Rennen — und damit seinen Def Jam-Kollegen (Beastie Boys, Run DMC) heftigste Konkurrenz.

Bigger And Deffer“ ist er geworden, das Großmaul. Keiner hafte ihm nach seinem rappenden Brutal-Debüt überhaupt ein zweites Album zugetraut. Doch er schlug den Spöttern ihre Skepsis links und rechts um die Ohren. Nicht nur, daß er selbst produzierte — kaum eine Woche nach Veröffentlichung der Platte sprach in den USA niemand mehr von Run DMC oder den Beastie Boys. Def Jam-Mastermind Rick Rubin hat da eine Natter an seiner Brust genährt, die ihm ganz massive Konkurrenz im eigenen Hause macht.

L. L. Cool J hat mit seinem I Can’t Live Without My Radio-Album die Welle des Minimal-Raps eingeleitet. Die Nummern klangen, als wären sie in wenigen Stunden im Keller irgendeines Gettoblocks entstanden — Pock! Pock! Pock! machte die Beatbox, und dazu gab es schneidend aggressive Rap-Salven.

Die glasklare Härte ist geblieben, doch zu den Pocks! kommen jetzt fette Smashs! und Booms!, mal ganz davon abgesehen, daß L. L. seinem DJ Cut Creator freien Lauf läßt. Der zündet über den Mörder-Beats ein wahrhaft prachtvolles Feuerwerk der Pop-Zitate. Da schmeicheln fette Doo-Wop-Chöre, Bill Haley wird rohe Gewalt angetan und heisere James Brown-Schreie eingefahren. Genialer Höhepunkt des Albums— der Opener „I’m Bad“, bei dem über souliger Krimimusik hysterischer Polizeifunk nach einem Subjekt mit schwarzem Sweat Shirt, schwerer Goldkette und Sneakers fahndet, um dann in einen vollfett swingenden Baßlauf zu fallen.

Musikalisch ist die Platte mit Sicherheit bigger and deffer (Def —Definitely, die derzeit höchste Auszeichnung unter den amerikanischen Rappern) doch nicht umsonst gilt L. L. Cool J als das räudigste Mundwerk von New York City. Jegliche Form von Sozialkritik oder politischer Stellungnahme lehnt er kategorisch ab: „Die Leute wollen Spaß haben. Wenn sie wissen wollen, wie schlecht die Welt ist, können sie ja fernsehen.“

Der Spaß ist allerdings ein herber. Kleine Textprobe gefällig? „She lets you inside, make you pay for the ride, and when she takes off her pants, it smells like somebody died. You say what the heck, ‚cause you already paid, not knowing fhaf the guy that went before you had AIDS.“ („Bristol Hotel“ – eine Nummer mit unappetitlichen Geschichten aus dem Hurenhaus).

Daß solch herber Sexismus im prüden Amerika nicht überall ankommt, liegt auf der Hand. Aber selbst den Liberalen der britischen Hip-Presse war der heftige Chauvinismus des Jungstars zu viel. Meinte ein Kritiker: “ Was würde passieren, wenn die Texte schwedisch wären? Ob die Platte dann wohl ein Hit in Schweden würde?“

Zumindest sind die Texte nicht deutsch — und musikalisch spricht ja nichts dagegen, daß das hier ein Hit wird. Und mal ehrlich — wer regt sich noch über pubertäre Machos auf? (aka)

Biografie

Wie die Beastie Boys und Run DMC wurde L. L. Cool J von der New Yorker Firma Def Jam entdeckt. Im Alter von 17 Jahren spielt LL (steht für Ladies Love) sein Debütalbum Radio ein, das nach seiner Veröffentlichung vor 18 Monaten zu einem entscheidenden Einfluß für die zweite Rapper-Generation wurde. LL’s Erfolg und seine Arroganz stank schon bald seinen Kollegen, die mitunter kleine Haßtiraden auf ihn In Ihre Songs einflochten. Mit seinem zweiten Album löste sich L. L. Cool J (richtiger Name: James Todd Smith) von Def Jam-Produzent Rick Rubin und produzierte diesmal auch selbst, unterstützt von dem 4-Monn-Team LA Posse.

gleich mit dem Titelsong ein flottes Tempo vorlegt und Einflüsse von George Thorogood, Jason & The Scorchers, aber auch Country-Recken wie Lee Clayfon oder Jerry Jeff Walker kaum verleugnen kann.

Omar Dykes‘ Stimme dröhnt unbehauen und bohrend wie seinerzeit Leon Rüssel, weshaib alles auch mehr nach weißem Folk-Blues als nach schwarzem Soul klingt. Die Würze bringt die harte Gitarre und die unkomplizierte Stützarbeit von Bruce Jones (b) und Gene Brandon (dr).

Mit Sicherheil eine durch zahllose Kneipen-Live-Schlachten gestählte Formation, die die Brücke zwischen Country und Rhythm & Blues so solide gebaut hat, daß man kräftig drauf stampfen kann, (v/l)