La Place Demon :: Morr/Indigo

Fast eine „echte“ Jazz-Platte: Die Weilheimer lassen ihre Musik von Schlagzeuger-Legende Billy Hart vom Free Jazz zum Bebop und wieder zurück tragen.

Zu den vielen Vorzügen des Tied & Tickled Trios gehört die Fähigkeit, selbst den eingeschworenen Teil seiner Hörerschaft entschieden überraschen zu können. Dass die TTTs ein nach vielen Seiten offenes musikalisches System sind, geschenkt. Dass die Acher-Brüder im Trio, das gar keins ist, weit aus dem herausspielen, was ursprünglich unter dem Label „Weilheim“ rubriziert war, na klar. Dieses Album aber, das mit einem Urgestein des Jazz entstanden ist, war so nicht zu erwarten gewesen. Billy Hart, der im Jahr 2010 seinen 70. Geburtstag feierte, ist als Schlagzeuger auf mehr als 600 Alben zu hören, von 1969 bis 1973 war er Mitglied des Herbie Hancock Sextet, seit den Neunzigerjahren hat er Lehraufträge an Universitäten und Konservatorien inne. Vor den Aufnahmen zum Album studierten die Mitglieder des Tied & Tickled Trios erst einmal die Musik Harts, ein Akt der Ehrbezeugung, der sich auf La Place Demon durchaus fortsetzt. Billy Harts Beat ist der Pol, um den sich die neun Aufnahmen drehen, und La Place Demon klingt fast wie eine „echte“ Jazz-Platte – wenn man an den spirituellen Jazz der Coltrane-Ära der Sechzigerjahre denkt oder die Fusion-Arbeiten, die Billy Cobham in den Siebzigerjahren hinlegte. Im melancholischen Grundton dieser Musik aber schwingt auch ein Stück Geschichte des magischen Ortes Weilheim mit, in den dunklen Streicherflächen und den Erzählungen des Glockenspiels. Billy Hart bringt diese Kammermusik zum Schweben. Er trägt sie vom Bebop zum Free Jazz und wieder zurück. Alle Erwartungen locker übertroffen.

„Plattenschrank“ ME 4/2011