Liedermacher

Wer vor Sorge über die Untaten der Großen der Welt die eigenen Taten nicht vergißt, wer im fernsehbunten Schwarzweiß von Sachzwängen und in Informations-Salven der Medien die Zwischentöne vermißt und wer schlichtweg zuhören kann, für den sind die Huthmachers eine Entdeckung wert. Ihre LP SYMPATHIE (bestellen bei: Doppelfant Presse, Jägermühle, Postfach 5, 7264 Bad Teinach) beweist, daß für sehr gute Lieder eigentlich nur sehr gute Stimmen, Ideen und eine Gitarre notwendig sind.

Ungekünstelt und doch voller Kunst singen die beiden von Licht und Schatten der Innen- und Außenwelt, verstecken Botschaften in Tierfabeln-ähnlichen Liedern, vergessen Kirchturmpolitik und den rechten Wind im Land nicht und setzen mit ihrem Karussell-Lied dem Wienerwald-Ringelspiel die Realität entgegen. Es macht einfach Spaß, dem ausbalancierten Wechselgesang zuzuhören. Wie sie Stimme und Gitarre Textinhalten anpassen und auf leise Art zeigen, daß Humor sehr wohl ohne hallervordergründigen Klamauk leben kann.

Zuhören, das braucht’s auch bei Lutz Görner, der sein Brot als Rezitator verdient und, glücklicherweise, ein ständig wachsendes Publikum erreicht. Im letzten Jahr trug er zur Musik von Ulrich Türk „Texte und Lieder verbrannter Dichter auf deutschen Bühnen vor. Die nun erschienene, gleichnamige LP (bestellen bei: Verlag Theater Forum Köln, Ehrenstr. 100, 5 Köln 1) wird manche zum ersten Mal mit Texten von Kur! Tucholsky, Erich Mühsam, Heinrich Mann und anderen Verfemten der Nazis konfrontieren. Die packend vorgetragene literarische Bestandsaufnahme, nein, dichterische Momentaufnahme läßt uns Heutige ahnen, welches Klima damals herrschte.

Dritte Empfehlung: Andi Brauer und seine LP BERLIN BLUES (fun kuchen, Vertrieb über plane). Wer ihn nicht kennt, kann sich in den schnellen Songs stimmliche Anklänge an Reinhard Mey vorstellen, dazu kommt die Fähigkeit zu Degenhardtscher Schärfe („Der Kommandandist“ heißt das Prachtstück auf dem Album) und die kräftige Bluesharmonik, die bei den Liedermachern zuweilen Konstantin Wekker bietet.

Doch wer Andi Brauer zuhört und es lohnt sich die ganze LP lang – weiß sofort, daß auch diesmal solche Beschreibungen Unsinn sind. Der Berliner erzählt Geschichten von seiner Stadt, vom Musiksüchtigen, vom Terror-verdächtigen Polizeipräsidenten, vom Jungen mit der Sehnsucht nach dem starken Mann. Mit lockerer Stimme und melodisch stets angenehm nähert sich Brauer seinen Pointen, die sitzen, ohne direkt zu verletzen.

Was Randy Newman beherrscht, sparsame Balladen zum akustischen Klavier, kann Brauer auch („Hanna“), doch in allen anderen Songs kommuniziert er mit einer Superband, die das Metier des richtigen Tons am richtigen Platz scheinbar schlafwandlerisch beherrscht.