Linda Ronstadt – We Ran

Zeit – wer hat die heute noch? Sicherlich nicht eine Ikone wie Linda Ronstadt, deren Glück dieser Erde momentan im Chaos von zwei Kinderzimmern liegt. Für ihr neues, nach offizieller Zählung 31. Album verbannte sie demnach den Kontroll-Freak in die hinterste Ecke und überließ den Löwenanteil der Knochenarbeit (Produktion, Mix, Arrangement) – natürlich nicht dem Zufall, sondern einem so verdienten Studio-Recken wie Glyn Johns. Dem Manne kann man nur gratulieren oder die Gicht an die Knöpfchen drehenden Finger wünschen je nachdem, ob man perfekten Pop im Sinne von „Populärmusik“ nach US-amerikanischer Bauart goutieren kann oder nicht. Zuckerwatte ist ja bekanntlich auch eine Geschmacksfrage. Natürlich ist WE RAN weit entfernt von jenem klebrigen Geheul, das sogar Luxusliner in die Tiefe schickt (neueste Forschungen beweisen: der Eisberg war unschuldig); dazu besitzt die Lady zu viel Stil. Wenn aber dann bei „Icy Blue Heart“das klare Licht der aufgehenden Präriesonne durch den Track glitzert, könnte man doch ein wenig verzweifeln an den glatten Saxophonen, die manches Stück durchziehen. Nun denn, dreieinhalb Gänsehaut-Stücke sind in Zeiten wie diesen so wenig nicht. Den Spruch „Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“ verkneife ich mir angesichts der Vorstellung,die ich von Frau Ronstadts Bankkonto habe.