Manu Chao: Berlin, Arena :: World-Music-Punk
Europa harrte seiner wie ein liebeskranker Teenie, doch Manu Chao war nicht zu sprechen. Drei Jahre lang sah sich die hiesige, massiv irritierte Popwelt mit dem Umstand konfrontiert, dass einer, den man mit drei Millionen verkaufter Exemplare seines ersten Solo-Albums „Clandestino“ zur Präsenz verpflichtet zu haben glaubte, sich nicht einmal dafür entschuldigte, dass er Spontankonzerten mit Bauern in Brasilien den Vorzug gab oder sich lieber vom zappatistischen Subcommandante Marcos zum musikalischen Duell herausfordern ließ. Nun aber hat er den nicht minder großen Erfolg des Nachfolgers „Proxima Estacion: Esperanza“ zum Anlass genommen,den ersten Deutschlandbesuch seit einem knappen Jahrzehnt anzutreten. Damals werkelte er mit seiner Band Mano Negra noch an der Weltrevolution mittels eines amphetaminschwangeren, hyperventilierenden Ethno-Punk-Ska-Latin-Bastards, der zu spröde war, um hierzulande ein echter Hit zu werden.
Heute aber ist alles anders, ist seine Musik bei aller schrullig-polyglotten Weitläufigkeit so eingängig, dass auch der Pur-Fan von nebenan gern mal zum Exotischen greift, ohne sich über den Sozialrevolutionären Ansatz oder den Sound von ManoNegra Gedanken gemacht zu haben. Hätte er das mal bloß, der Pur-Fan, dann würde er jetzt nicht zu jenem Drittel der insgesamt 5000 Zuschauer zählen, die gar nicht wissen, was sie mit dem hyperventilierenden Ethno-Punk-Ska-Latin-Bastard anfangen sollen, der da von der Bühne brettert. Wer konnte schon damit rechnen, dass Manu Chao und seine neue Band nahezu sämtliche Stücke seiner Soloplatten massiv durch den Mano-Negra-Wolf drehen? Selbst „Bongo Bong“, der Hit auf den nun wirklich alle gewartet haben, kommt in der superschnellen Version daher.die man von Mano Negras Song „King Of Bongo“ kennt.
Erst gegen Ende der fast zweistündigen Show kommen Grooves ins Spiel,die sich näher an dem halten, was auch der Pur-Fan kennt, während der vom Dauerpogo vollständig ausgewrungene Teil des Publikums seinen verdienten Chill-Out genießen kann. Manu Chao ist eben doch ein alter (Punk-)Rocker, der sich mit charmanter Sturheit jeglichen Erwartungshaltungen entzieht. Und dafür muss man ihm zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Pophistorie überaus dankbar sein.
www.manuchao.net
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