Schweigen wir von einer Veröffentlichungspolitik, die ein gerade mal drei Jahre altes Album neu „auf den Markt wirft“. Sagt man so? Egal. Freuen wir uns lieber darüber, dass dank dieser Besprechung ein melancholisches Meisterwerk (hoffentlich) noch ein paar Käufer mehr findet. Wer weiß, dass Mark Hollis einst in den Achtzigern Talk Talk mit Singles wie „It’s My Life“ oder „Such A Shame“in die Charts führte, weiß nichts. Wem sich aber die Brillanz der späten Talk Talk-Alben SPIRIT OF EDEN und LAUGHING STOCK erschloss, ahnt, worum es hier geht. Hollis‘ Solowerk ist die logische Weiterentwicklung dieser fragilen, kontemplativen, Grenzen überschreitenden Musik und klingt etwa so,als hätten Scott Walker, Nick Drake, Miles Davis, Charles Mingus und Tortoise zusammen eine Ambientplatte aufgenommen. Ist das Klassik? Ist das iazz? Ist das Folk? Jajaja und neinneinnein und vor allen Dingen: definitiv kein Pop. Berühren die Musiker-darunter Trompeter Henry Lowther, Schlagzeuger Martin Ditcham sowie die Gitarristen Dominic Miller und Robbie Mclntosh – überhaupt ihre Instrumente? Oder spielen sie kraft ihrer Gedanken? Woher kommen diese überirdischen Melodien? Können Pausen wichtigersein als Noten? „Ich mag Stille lieber als Klang“, sagt Mark Hollis. Verstummen wir also, legen die CD in den Player, tauchen ein in diesen merkwürdigen Kosmos – und fallen aus Raum und Zeit. Ganz langsam und ganz, ganz sanft.