Mick Kam – Dreams of Reason produce Monsters

Mick Kam ist ein ungewöhnlicher Fall. Sein unverkennbarer Baß-Sound mit den sonderbaren rhythmischen Schlenkern hat schon die Musik seiner früheren Band Japan entscheidend geprägt. Die Kontrolle, die er über diese delikate, subtile Musik hatte, ließ mich in Kam immer einen studierten und technisch fundierten Musiker vermuten. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Er isi eine Art edler Wilder, der sich auf seinen Riecher verläßt.

Es war schwierig für ihn, über Japans Schatten zu springen, weil diese Musik alles ist, was er kennt: Er hat sie zwar erfunden und gespielt, aber sie ist (zumindest bis zu seiner kürzlichen Tour mit dem Jazzer David Torn) sein ganzer Erfahrungshorizont.

Auf DREAMS geht er ein paar Schritte zurück, um vorwärts zu kommen. Mal abgesehen vom Namen ist das eine Japan-Platte. Schlagzeuger Steve Jansen spielt bei jedem Stück; David Sylvian singt bei drei Liedern mit. zwei davon hätten durchaus auch auf TIN DRUM gepaßt. Alles ist sehr geschmackvoll und präzise; Minimalismus wird mit Pop verschmolzen, um ein akustisches Äquivalent zu der Zerbrechlichkeit japanischer Aquarelle zu schaffen. Die Musik ist schön, aber nicht süßlich — und trotz ihrer Klarheit keine New Age-Tapete. Und mit dem letzten Stück, „Answer“, in dem Kam und Jansen von zwei Chören verstärkt werden, beginnt ein völlig neues Experiment.