Moritz, lieber Moritz

Der 33jährige Hark Böhm ist meines Wissens der einzige westdeutsche Regisseur – und ein sehr guter dazu – der konsequent und mit Einsatz aller Mittel Filme für Jugendliche dreht. Es sind Filme, die auch nicht einfach deswegen billiger oder schlechter wären, weil sie nicht für Erwachsene gemacht wurden. An diesen schlechten Brauch der Filmindustrie hält Böhm sich nicht. Er kennt Kinder und Jugendliche, er liebt sie und nimmt sie ernst – das weiß man aus seinen bisherigen Filmen, das merkt man immer wieder an jeder Einstellung.

Nach „Tschetan, der Indianerjunge“, nach „Wir pfeifen auf den Gurkenkönig“ (Fernsehfilm) und „Nordsee ist Mordsee“(1975) kommt jetzt Böhms neuestes Werk „Moritz, lieber Moritz“ in die Kinos. Dabei geht es um eine starke Geschichte, um die Erlebnisse des etwa 16jährigen Moritz. Er lebt unter dem Einfluß von Personen, die in der Filmwerbung so bezeichnet werden: „Blöder Lehrer, harte Mutter, scharfe Tante, fader Vater.“ Das ist oberflächlich, aber nicht falsch.

Es fehlt hier allerdings noch eine zentrale Figur: Die Großmutter (Grete Mosheim), die ins Altersheim abgeschoben wurde und dort mehr gequält als gepflegt wird. Moritz hält zu ihr, versteht aber nicht, warum man ihrem sehnlichsten Wunsch, zusterben, nicht nachkommt. Also besorgt der Junge ihr, nach langem Zaudern allerdings, die tödlich wirkenden Schlaftabletten….

Böhms Film hat mehrere solcher Schockszenen, auch grausamere. Sie sind ungewöhnlich in einem Film für ein vorwiegend jugendliches Publikum. Doch die Welt ist voller Gewalt, und man muß das nicht nur in Italo-Western oder Krimiserien zeigen dürfen. Mancher Jugendlicher versucht sich durch Gewaltphantasien gegen seine Unterdrücker zu wehren. So rächt sich Moritz im Traum an seinem wirklich trüben Mathe-Lehrer auf recht brutale Weise. Und als eine Katze seine dressierte Lieblings-Ratte (!) packt, geht es ihr an den Kragen. Der Film zeigt dies alles. Er wurde erst nach langem Zögern der Zensoren ab 12 Jahren freigegeben, ein paar Stellen wurden gekürzt und dadurch entschärft.

Moritz ist ein feiner Pinkel aus vornehmen, wenn auch jetzt heruntergewirtschaftetem Haus. Er ist vernachlässigt von den nahen Verwandten und findet nur schwer Anschluß bei Gleichaltrigen, sei es nun das nette Mädchen aus dem Kirchenchor (dem er erfolgreich nachstellt) oder seien es die Jungen aus der Rockband, die ihn schließlich mit seinem Saxophon doch aufnehmen.

Moritz wird gespielt von Michael Kebschull, einem Hamburger Schüler, einem unglaublich begabten und klug geführtem Naturtalent. Der Regisseur suchte drei Monate lang nach ihm. Auch ein Zeichen dafür, wie ernst Böhm den Film und die Jugendlichen nimmt.