Morphine – The Night

Vor Jahren, kurz vor Erscheinen des Albums YES, erklärte Frontmann Mark Sandman, Morphine sei eine Sand, die fünf Alben machen sollte. Damals konnte er nicht ahnen, wider Willen eine selbsterfüllende Prophezeiung ausgesprochen zu haben. Im Juli letzten Jahres starb Sandman auf der Bühne im italienischen Palestrina an einem Herzinfarkt. Die Monate vorher hatte er damit verbracht, mit Saxophonist Dana Colley, Drummer Billy Conway und Gästen das fünfte Morphine-Album einzuspielen. Auffällig daran ist das Fehlen von schrulligen Phrasierungen wie in den älteren Favoriten „You Speak My Language“ oder „Sharks Patrol These Waters“, die eine ganz eigene Interpretation des Instruments Stimme offenbarten.THE NICHT ist über weite Strecken melancholisch und bluesig ausgefallen – als hätte Sandman doch etwas geahnt. Das Schwergewicht lag dieses Mal auf der Idee, altbewährte Erkennungszeichen (zweisaitiger Crummelbass, kraftvolles Baritonsaxofon, relaxt-jazziges Drumming) je nach Bedarf um Nuancen zu erweitern. In „Top Floor. Bottom Buzzer“ ist es eine Orgel, in „Rope On Fire“ die Oud (sehr Special!). Häufig kommen Streicher oder extra Backinggesang hinzu. Das Ergebnis ist ein üppigerer, kompletterer Sound, der dennoch nie überladen wirkt. Einen würdigeren Abschluss für diese ungewöhnliche Band, die im formatierten Rockzirkus der 90er Jahre stets integer in der eigenen Nische waltete und dort ihre ausgefallenen Akzente setzte, hätte man sich wirklich nicht wünschen können.