Motti

Menachem drangsalierte Motti im israelischen Militärdienst, jetzt sind sie Freunde und vertreiben sich die Zeit mit Saufen. Als Menachem im Rausch eine Frau totfährt, bekennt sich Motti für ihn schuldig und wandert für fünf Jahre in den Knast. Der Grund: Motti fühlt sich seiner Liebe zur Nachbarin, mit der er noch nie sprach, nicht gewachsen. Im Gefängnis ist er von ihr abgeschirmt und gibt sich Fantasien hin.

Dem 34-jährigen Asaf Schurr gelingt in seinem dritten Werk das subtile Porträt zerrissener Charaktere, die ihre Verwundungen im Krieg erhalten haben. Glücklicherweise macht sich Schurr frei von der Last der besonderen Beobachtung, unter der israelische Autoren stehen: dass ihre Romane stets daraufhin gelesen werden, wie privat das Politische ist und umgekehrt. Er lässt seinen Motti lediglich einmal sagen, dass er ein Gefängnis-Tagebuch schreiben wolle, über die geraubte Freiheit und die Angehörigen seines unterdrückten Volkes „und solche Sachen“ – und belässt es bei dieser kurzen politischen Rede. Die auf den ersten Blick seltsame Symbolik – Motti vergleicht seinen Hund Laika mit dem Weltraumhund gleichen Namens, ein Pionier auf der Suche nach neuem Lebensraum, was sich wohl auch auf die Israelis beziehen soll -, entpuppt sich als trauriger Traum eines nicht ganz zurechnungsfähigen Menschen.

Oder hat man da etwas falsch verstanden? Was denkt Motti wirklich? Schurr lässt seinen allwissenden Erzähler sich in die Handlung einmischen und mit Interpretationen spielen: „So viele Möglichkeiten kann man sich zurechtlegen, ohne sich einer Geschichte zu verpflichten!“ Dass nach dem ersten Romandrittel ein Geheimnis um die begehrte Nachbarin gelüftet wird und der Leser sich hinterher fast schämen muss, Interesse für sie entwickelt zu haben, ist ein Kunstgriff dieses Lehrstücks über Vorurteile und falsche Hoffnungen.