N.Y.No Wave: The Ultimate East Village 80’s Soundtrack
Es war ein bizarrer Wettlauf, den die Startschüsse der ersten New-Wave-Mannschaftvon Ultravox! über XTC, Devo und Pere Ubu bis Suicide auslösten: Die Rockmusik, Mitte der Siebziger eine Disziplin mit derart strengen Verlässlichkeitsregeln, dass es als Sensation durchging, wenn ein Keyboarder ohne Silbermantel auftrat oder der Drummer im Solo auf den Gongschlag verzichtete, wurde plötzlich zum Schauplatz eines gegenteiligen Verdrängungswettbewerbs. Was immer an Vorgaben da sein mochte, musste zersetzt, zerfetzt, hintertrieben, subvertiert oder wenigstens nicht mal ignoriert werden, auch oder gerade wenn die Konvention erst ein paar Wochen alt war. Da hatte New York die Nase vorn. Brian Eno produzierte 1978 mit Teenage Jesus & The Jerks, The Contortions, Mars und DNA den Sampler no new vork, der den musikalischen Nihilismus sozusagen abschließend definieren sollte – paradoxes Unterfangen: einen äußersten Grenzposten der Grenzenlosigkeit aufstellen. Die Eckpfosten immerhin blieben gültig: Captain-Beefheart-mäßige Avantgarde-Spinnereien, splitterscharfer Glasbruch-Funk, minimalistische Selbstverwirklichungs-Hypnose an Velvet-Underground-Salat und endlich die Urschrei-Therapie neandertaloider Anti-Musik (die ironischerweise im Ergebnis kaum über einen mittelmäßigen Sham-69-Auftritt hinauskam und Vorläufer wie die deutschen Faust höchstens milde lächeln ließ). Für heutige Ohren alles keine sensationellen Sachen; die Mami lässt sich damit nicht mehr horren; was danach kam, geriet folgerichtig substanzieller und zugleich konventioneller. Das Kellerclub-Laientheater zwischen CBGB und Max’s Kansas City, das sich zum Großteil um James White/Chance und Lydia Lunch samt Kumpelbande sammelte, versuchte den ersten Rumms in Songs zu gießen, die aus dem „No“ ein „No Wave“ und aus dem Total-Nihilismus ein mildes „Keine Schubladen bitte“ machten. Manches davon klingt heute noch abenteuerlich laber nicht immer im angenehmen Sinne), manches amüsant letwa Lydia Lunchs „Popstar‘-mäßig desintoniertes „Lady Scarface‘, Big-Band-authentisch arrangiert), einiges halbgrell comedisch, vieles (nach 25 Jahren weiterer Entgrenz und -gleisungen kein Wunder) beliebig; die überraschendste Erkenntnis beim Wiederhören ist indes, wie unmittelbar das dominierende Element, ein Reduktions-Mix aus Funk und Sixties-instrumentals, sich in der bald anrollenden Neuen Deutschen Welle niederschlug. So wurde die Anti-Wave-Wave irgendwie doch noch zur Stilvorlage. >>>
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