Pete Shelley – Homosapien

Was kann man tun, in einem Monat, wo dieses verdammt brillante Lou-Reed-Werk (BLUE MASK) den ganzen Rest an Neu-Vinyl an die Kante der Milde / Freundlichkeit / Leere schiebt?

Dann reiße ich mich zusammen, denke an all die öden Nichtssager im Gebiet der elektronischen Populären Musik (Human League, Depeche Mode, OMD, usw) und bin halbseitig überrascht/begeistert von HOMOSAPIEN, dem ersten Solo-Album des ehemaligen Buzzcocks-Sängers Pete Shelley, auf dem er -— teilweise —- glänzende/scharfsinnige Pop-Songs für den seidenen Schotter-Boden verwirklicht (man kann sich bewegen!).

Glänzend + scharfsinnig dort, wo Shelley, anknüpfend an seine Buzzcock-Glanzzeit, gedrängte und anziehende Love-Songs macht. Shelley als liebesgetränkter Visionär, dem es in seinen Texten gelingt, Emotion und deren Auswertung/Zerlegung zusammenzubringen. ,And we are on our own and the only thing known is our love… „singt er im Titelsong zu schneller Rock-Disco-Rhythmik. Zwingender Electro-Pop. Im Gegensatz zum schweren, schnellen Gitarrensound, der die meisten Buzzcocks-Stücke bestimmte, macht Shelley auf HOMOSAPIEN einen synthetisch-/maschinell-erzeugten Pop/ Funk/Rock zum Boden seiner Leidenschaft. Neben einer akustischen + elektrischen Gitarre setzt Shelley all die populären Maschinen ein, mit denen heute einige wenige junge/vitale Triebkräfte umzugehen wissen (z.B. Heaven 17): Linn Drum Machine, Roland Micro Composer, Synthesizer. Was bei anderen trocken dahinlappt, wird bei Shelley mit dem Charme eines Ray Davis oder Vic Godard bewegt. Kultiviert. Die romantischen Stücke „Keats‘ Song“, „Guess I Must Have Been In Love With Myself“ und „It’s Hard Enough Knowing“ erinnern an die Strahlen eines frühen Bowie. Soweit meine begeisterte Seite. Man muß ja immer beide Seiten sehen/hören!

Flach und glatter Mist sind die acidinspirierten Shelley-Songs, wenn er versucht, wie ein dummer Sekten-Jünger vulgär-wissenschaftlich über das „warum-bin-ich-hier“ zu philosophieren. Wenn er mit Herz + Gefühl ins Universum guckt und das Gebiet zwischen Wissenschaft und Mystik entdeckt (Motto: wenn ich schon so lange auf dieser Welt bin, dann will ich wenigstens wissen warum), in „Yesterday’s Not Here“ und „Qu’est-ce que c’est que ca“. Während Shelley in dem geschätzten Buzzcocks-Stück „Real World“ noch klar formulierte:

„Im in love with the real world … ‚cause only in the real world do things happen like they do in my dreams“, stößt er heute nur noch Nebel aus: „Is there even an answer?“ HOMOSAPIEN ist kein schlechtes Album. Aber Pete, komm runter von der Wolke!