Phish – The Story Of A Ghost
Inkarnation ist die Fleischwerdung von Seele. Als Jerry Garcia und mit ihm die ewige Karawane der Dankbaren Toten das Zeitliche segneten, reinkarnierte deren musikalischer Atem kurzerhand in einer Band aus Chicago. Natürlich ist Trey Anastasio nicht „Captain Trips“ und seine Band Phish nicht Grateful Dead. Aber ansonsten blieb, aus der Ferne betrachtet, alles beim alten: Mit naiv blumigem Sendungsbewußtsein, halbstündig
mäandernden Interpretationen eigener Stücke, lässigem Songwhting und instrumenteller Perfektion füllen Phish in den Vereinigten Staaten längst Stadien mit bis zu 60.000 jugendlichen (!) Besuchern. Dabei spielen sie auch mal drei Sets an einem Abend, covern „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauß und „Sabotage“ von den Beastie Boys mit derselben liebevollen Nonchalance, mit der sie anschließend ihr eigenes Werk in einer verschlafenen Brian-Eno-Version präsentieren. Phish sind sich weder zu blöd für eine Version von George Harrisons „While My Guitar Gently Weeps“, noch halten sie riesige, wasserspuckende Elefanten auf der Bühne für deplaziert. Und befeuert wird der grassierende Phish-Kult von Platten wie BILLY BREATHES (1996) oder auch ihrem neuen Werk THE STORY OF A GHOST, das komplett in einer einzigen Jamsession entstanden ist. Selten klang Fusion so wenig kapriziös wie in dem achtminütigen „Guyute“, schlichter Pop so einleuchtend wie in „Wading In The Velvet Sea“ und weißer Funk so authentisch wie im luftigen „Birds Of A Feather“. Phish haben ihre wahrhaft groovenden, glaubhaft lyrischen und echt rockenden Elementeauf diesem Album kohärent zusammengeführt – mit einer entspannten Leichtigkeit, die diese Musik erst liebenswürdig macht und dazu verführt, es sich auf einem als reaktionär verschrienen Standpunkt gemütlich zu machen: daß nämlich traditioneller Rock nämlich auch dann kicken kann, wenn er nicht von ambitionierten Stümpern, sondern von ambitionierten Virtuosen gespielt wird.
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