Positive Noise – Heart Of Darkness

Diese beiden LPs liegen nicht nur schon längere Zeit bei mir herum, sondern werden auch noch fleißig gehört. Und dabei findet jener Prozeß statt, der auch guten Wein kennzeichnet: Lange Lagerung, bessere Qualität. Vorbemerkung 2: Statik ist ein kleines neues englisches Label, das bislang keine Enttäuschung geliefert hat. Was die beiden ansonsten recht unterschiedlichen LPs gemeinsam haben: Frische, Originalität, Kraft – Klischee-Schlagworte, die manchmal eben auch stimmen.

Die fünf Schotten von Positive Noise machen das, was man vielleicht das Positiv der negativen Welle (Cure, Joy Division, etc.) bezeichnen könnte. Positive Musik ohne Tralala-Fröhlichkeit. Was sie auszeichnet ist eine furiose, ungebandigte Spielweise, Schnelle, Konkretes mit klaren Umrissen, Schlagzeuggewitter und immer ein Hauch von Geisterstimmen, die man auch dann noch glaubt zu hören, wenn ein Stück längst zuende ist. Das geht schon auf dem mächtigen „Darkness Visible“ los, „No More Blood And Soil“ überrascht mit lebenslustigen luchzern, „… And Yet Again“ mit fröhlichem Saxophon, „Love Is A Many-Splintered Thing“ ist eine jahrmarktgerechte Geräuschmasse, bei der einem die Ohren zu klingeln anfangen, „Refugees“ erinnert vage an die Doors und „Ghosts“ bringt noch einmal die spukigen Geisterstimmen voll zum Schwingen.

Viel wäre zu sagen, aber das heben wir uns für die New Age Steppers auf, eine ebenso angenehme Überraschung. Dabei handelt es sich um ein Sound-Konzept und nicht um eine feste Gruppe. Auf dieser zweiten LP (die erste kenne ich nicht) sind dabei die Sängerinnen Ari von den Slits, Neneh, Tochter des Jazz-Musikers Don Cherry, Bassist George Oban von den Asward, Schlagzeuger Eskimo Fox und Gitarrist Antonio Alpheuse Phillips von den Creation Rebel, sowie der jamaikanische Sänger Bim Sherman und Produzent des ganzen Adrian Sherwood. Das zusammen ergibt eine faszinierende, exotische Mischung aus Jazz, Reggae und Ethnik, Großstadt-Dub, so mitreißend und variabel, wie schon lange nicht mehr gehört. Manche Stücke, wie „Problems“ oder „Guiding Star“ erinnern an Filmmusik – merkwürdigerweise; „My Whole World“ trägt einen durch den Gesang völlig weg, der neben den Dub-Effekten überhaupt bestimmend ist. Man höre sich nur Neneh auf der Liebes-Ballade „My Love“ an. Da kann Debbie Harry wirklich einpacken. Wenn Mischformen moderner Musik so klingen, dann kann man nur hoffen, daß sie auch Gehör finden. Statik ist sehr flexibel. Beide: 5.