Primal Scream – Evil Heat :: Der Schrei in der Stille

Fünfzehn Jahre lang hat Bobby Gillespie damit verbracht, sich möglichst weit von 1 seinen Ursprüngen zu entfernen. Er war schließlich auch einmal Drummer von The Jesus & Mary Chain. Jetzt führt sein Weg zumindest teilweise zurück. Zum Zeitpunkt, als diese Rezension geschrieben wurde, war noch nicht klar, welche Songs die Album-Endfassung definitiv enthalten wird. Doch es gilt als sicher, dass der ehemalige Mary Chain-Sänger Jim Reid ebenso mit von der Partie ist wie Supermodel Kate Moss, die mit Gillespie eine Version von „Some Velvet Morning“ [Lee Hazlewood/Nancy Sinatra) eingesungen hat. Verglichen mit dem Agitrock-Donnergrollen auf XTRMNTR klingt beides wie bei Velvet Underground/Nico, also eher beschaulich. Überhaupt erinnert praktisch nur noch die Anti-Globalisierungstirade „Rise“ an die Hassphase von Primal Scream. Dahinter dürfte durchaus Kalkül stecken, denn mit US-kritischen Strategien fährt man in Britannien seit dem 11. September nicht mehr so gut. Aber nötigte wirklich nur das Schreckensereignis des Vorjahres zum Umdenken? Vielleicht haben Gillespie auch seine feste Freundin und die anstehende Vaterschaft entspannter gemacht. Bezeichnend sind hier die von Andrew Weatherall produzierten Elektronik-Cuts, in denen der friedliche Freudenvibe von SCREAMADELICA oder die Sorglosigkeit der Krautrock-Ära anklingen. Mit EVIL HEAT sind Primal Scream inkonsequenter, aber auch variabler als zuletzt. An der Tatsache, dass sie eine der großen unberechenbaren und wichtigen Bands der Gegenwart sind, hat sich jedoch gar nichts geändert.

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