Public Enemy – There’s A Poison Going On :: Fordernd

Applaus, Chuck D. Das Gift wirkt, die Strategie ist geglückt, der Bandname nochmal mit Bedeutung gefüllt. Und dies zu einer Zeit, in der das Modell des politschen Hardliners im Pop praktisch verschwunden ist und es schien, als wäre es das Schicksal des knapp 40jährigen, zwischen Büchern und Vorträgen, ab und an einen Spike Lee-Film zu vertonen. Daß es ganz anders kam, verdanken wir und verdankt er der Instanz, der er als letztes danken würde: dem US-Militär, wo der Gedanke des Internets geboren wurde. Hier, auf einem Rechner im weltumspannenden Kommunikationsnetz lag es zuerst und liegt es noch, das komplette Album im MP3-Format. Nicht von einer Vorab-CD gecrackt, sondern hochoffiziell von Public Enemy zum Runterladen autorisiert. Was das nun in konkreten Zahlen und daraus resultierenden möglichen Einbußen verkaufter Tonträger bedeutet, ist irrelevant, ist doch die schnelle Kopie via CD-Brenner der weitaus größere Feind der Musikindustrie. Wie immer in der Geschichte der Band ging es darum, ein Statement zu machen, Verwirrung zu stiften. Das haben sie geschafft: der Bruch mit ihrer jahrzehntelangen Firma Def Jam geht so weit, daß die Band mittlerweile auch von deren Website entfernt wurde. Kein Link den Verrätern. Die neue Heimat ist im Netz, Atomic Pop, ein aus dem WWW operierendes Label. Jetzt, gut einen Monat später, dürfen die Lizenznehmer konventionelle Produkte veröffentlichen und gespannt miterleben, ob der kleiner gewordene Fanzirkel schon im Netz war, oder ob, was deutlich wahrscheinlicher ist, die monströse PR dieser Aktion alle potentiellen Einbußen mehr als ausgleicht. Daß die Musik in all dem multimedialen Trendsetting an den Rand rückt, ist nur teilweise angemessen. Auch wenn die explosive Energie des schwarzen Planet unwiderruflich vergangen ist, ist dies doch das Beste, was Chuck D, Flavour Flav und Terminator X seitdem gemacht haben, nachdrücklich, voluminös, rollend und fordernd. Große Platte zur rechten Zeit. Chuck D. ist da, wo er am liebsten ist, inmitten eines von ihm losgetretenen Wirbelsturms, wissend, daß alles, was er jetzt zu sagen hat, tausendfach um die Welt getragen wird. Daß er das Album auch noch als ZIP-Diskette auf den Markt bringt, ist diesbezüglich wenig mehr als ein zusätzliches Gimmick.