Punk
Wer an der amerikanischen Punkszene interessiert ist, sollte sich um das kalifornische Fanzine „Flipside“ bemühen. Eine Sondernummer liegt jeweils den jährlich erscheinenden „Rodney On The Roq“-Samplern bei (PoshDoy) Rodney Bingenheixner, Discjockey des Senders KROQ in Los Angeles, präsentiert auf diesen Platten Nachwuchsgruppen seiner Wahl.
Anscheinend hatte er bei der aktuellen dritten Folge Schwierigkeiten, genügend attraktives Material zu finden. Auf der ersten Seite finden sich noch einige gute Punkbands: 111 Repute, die bekannten Channel 3 mit einem ihrer besten Stücke, Red Scaie und vor allen Jody Fosters Army, nach deren LP es lohnt zu suchen. Die zweite Seite bringt Pop unterschiedlichster Prägung, am besten sind die Bangles und Unit 3 mit ihrer neunjährigen Sängerin Venus. Wie bei den meisten Samplern wird auch hier niemand restlos zufriedengestellt.
D.O.A. aus Vancouver wurden von Jello Biaira für sein Alternative Tentacles-Label verpflichtet. Die Band existiert jetzt in veränderter Besetzung; soundprägend ist dabei der neue Sänger Wimpy Roy, vormals bei den kanadischen Subhumans. Von den acht Stücken der D.O.A.-Maxi „War On 45“ ragen drei heraus: „America The Beautiful“, eine harte Version des Edwin Star-Soulklassikers „War“ – und „War In The East“, ein Gegenstück zu Clashs „Police And Thieves“ Nach einigen erfolgreichen Sing-Ips gibt es jetzt mit STTVE TO SURVI-VE (Spider Leg) die erste LP von Flnx Of Pink Indiana. Sie ist mit umfangreichen Begleitmaterial ausgestattet, und das ist nicht das einzige, was an Crass erinnert. Die 12 Stücke kommen weitgehend ohne Melodie aus. Für eine faire Auseinandersetzung mit ihren engagierten Texten fehlt hier der Platz. Flux Of Pinks Indians jedenfalls sind klar besser als die Mao Maus, die einen ähnlichen Ansatz haben. No Concem (Pax) überzeugt weder instrumental noch textlich.
Die Newtown Neurotics nehmen alles weniger ernst. Wie auch ihre vorherigen Hits ist LICENSING HOURS (CNT) eine unverkrampfte Pogonummer. die höhere Notierungen in den britischen Independent Charts verdient hätte.
Auf keine Experimente läßt sich Charlie Harper mit seiner Freizeitband Urban Dogs ein. Die Hymne „New Babanans“ (Fallout) klingt wie U.K.Subs, nur der Gesang kommt heiserer.
Der Funpunk der Adicts fand schon mit „Songs Of Praise“ verdientermaßen viele Anhänger. Die neue LP SOUND OF MÜSIC (Razor) enthält noch mehr potentielle Hits, von denen das als Single ausgekoppelte „Chinese Takeaway“ nicht einmal der stärkste Titel ist.
Ihrer Ramones’Lurkers-RevivalLP THE RUMBLE OF THE EAST schicken Erazerhead eine Live-EP hinterher (Fücknife). Vier Nummern bringen den bewährten Sound, aber erwartungsgemäß keine neuen Erkenntnisse. Chubby Checkers „Let’s Twist Again“ wird bei Erazerhead zu „Get Pissed Again“.
Dieses Thema liegt auch Peter And The Test Tobe Babies am Herzen. Viele Stücke ihrer LP PISSED AND PROUD (No Future) sind von Singles und Samplern bekannt, dafür aber dieses Mal live eingespielt.
Die Hamburger Band Big Balls And The Great White Idiot wurde einst als erste deutsche Punkband gehandelt. Nachdem ihre dritte LP fast untergegangen ist, haben sie auf dem eigenen Balls-Label ihre vierte veröffentlicht. CREEPY SHADES wurde in London aufgenommen und besticht durch eine exzellente Produktion. An den Balls schieden sich schon früher die Geister, das neue Werk wird daran nichts ändern. Sie sind ihrem Stil – englische Texte, rockiger Punk – treu geblieben. Gute Unterhaltung für Leute, die Spaß verstehen. Sid Schmidt
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