Rick Wakeman – Rick Wakeman’s Criminal Record

Wen hat Herr Wakeman nicht schon alles durch seine Keyboard-Mangel gedreht: König Arthur und Heinrich VIII, Franz Liszt und Jules Verne, Weltraumheroen und Wintersportler. Jetzt also ist das Verbrechen schlechthin dran, und zwar in seiner ganzen unerschöpflichen Vielfalt: da ist auf der einen Seite der gestrauchelte Zeitgenosse, der schnapsbeschwingt ins Lenkrad greift („The Breathalyser“), auf der anderen ein historischer Finsterling vom Schlage des Judas Ischariot. Dazwischen diverse andere Kriminal-Schnurren, die Wakeman auf dem Innencover per Text erläutert. Und das tut not, denn allein aus der Musik heraus wird der Zuhörer kaum auf eine Wellenlänge mit all diesen verruchten Seelen gebracht. Die federleicht-perlenden Harmonien von „Chamber Of Horrors“ etwa bergen mehr ausgelassene Kirmesatmosphäre als abgründigen Schrecken.

Der bizarre Bruch zwischen reklamiertem Inhalt und tatsächlicher Form zieht sich durch die meisten Stücke des Albums, Stücke, die auf Wakemans unverrückbare Sound-Stützen gebaut sind: perkussive Synthesizer-Hatz, klassizistische Beschaulichkeit und nachgerade biblischer Bombast (mit dem liegt er beim monumentalen Abgesang auf Seelenschächer Ischariot ja nicht ganz verkehrt, aber das himmlische Gejauchtz eines 42köpfigen Kirchenchors hätte er uns dennoch ersparen können). Peppiger Höhepunkt der Platte ist der bereits erwähnte „Breathalyser“, ein Stück, in dessen Verlauf ein alkoholisiertes, Ohrwürmer trällerndes Wohlbefinden abrupt von bluesiger Ernüchterung hinweggefegt wird – den einzigen, zwanzig Sekunden dauernden Vokaltrack überhaupt singt hier der englische Komödiant Bill Oddie. Ansonsten mit von der Partie: Chris Squire, Bass, Alan White, Drums und Frank Ricotti, Percussions. Unter’m Strich präsentiert sich „Criminal Record“ als ein recht gelungenes Instrumentalalbum, nicht nur gemessen am dürftigen „White Rock“-Vorläufer. Um indes mehr zu sein als gehobene Einweg-Unterhaltung für die ganze Familie – dazu ist es einfach nicht „kriminell“ genug.