Roadrunner

Spazierengehen ist eine feine Tätigkeit, auch fürs Hirn, u.a. zur Erlangung der Erkenntnis, dass es neben der „virtuellen“ auch eine analoge Welt gibt, deren Geheimnistiefe und Fähigkeit zu verblüffen weit über die des Internets hinausgehen. Von Stringenz zu schweigen – da ist und bleibt (und wird immer mehr) das „Netz“ eine Riesenmülltonne voller Zeug, während eine ziellose Schlenderstunde dem Blick Historien aufzuschließen vermag. Und dann gibt es noch das Buch, wo sich in diesem Fall beidesauf erfreulich fruchtbare Weise vereint: Der Schwede Lars Madelid,glühender Fan der Londoner R&B-Szene der frühen 60er, wollte mit 16 nichts außer: dort hin. ins Zentrum der Welt. Er kam nicht an, und weil ihn das so wurmte, begann er zu forschen und Spuren zu verfolgen, bis er eines Tages so weit war, seinen Job hinzuschmeißen und Rock-Führungen durch London zu organisieren. Sein Buch ist die Summe seiner Liebe und seines Wissens, eine vergnügliche und intensive Expedition in die(Geschichte und Gegenwart) der Popmetropole, voller Anekdoten und Trivialitäten und so reich bebildert, dass es einem daheim auf dem Sofa eher noch mehr Eindrücke vermittelt als das Flanieren an den Originalschauplätzen.