Rock-Spezialitäten

„WARNING! This Recordmg contains ‚backmasking‘ and subliminal messages which may be of a harmful subversive nature.“ -Mit ihrer neuen LP SONGS OF LOVE & LUST (Rough Trade) versprechen Chris & Cosey ausgelebte Phantasien zum Thema erotische Subversion, Sex’n‘ Anarchy, Make Love Not War. Chris Carters Synthis produzieren akkurat-monotone background muzak“ für Cosey Fanni Tuttis laszives Flüstergeschrei. Magnetisch, eingängig und wahrscheinlich schon bald in den Händen schutzbedürftiger Teenager (5).

Die New Yorker Anna Domino gehört zur florierenden Künstlerszene Brüssels und hat dort unter Mithilfe von Virginia Astley und Blaine Reininger (Ex-Tuxedomoon) die Mini-LP EAST & WEST (Crepuscule/ RT-Vertr.) eingespielt, ihre Cover-Version von Aretha Franklins „Land Of My Dreams“ gefällt wie die ganze LP durch verhaltene und unauffällige Schönheit (4).

RAINY DAY nennt sich die LP einer gleichnamigen Session-Formation, die sich aus Mitgliedern neuer kalifornischer Bands zusammensetzt (Rough Trade): neben 3/4 Dream Syndicate sind Mitglieder von Three O’Clock und Rain Parade dabei. Die Musik für verregnete Tage ist ein trauriger, meist akustischer Set mit Songs von Dylan. N. Young, J. Hendrix, P. Townshend. (3).

Tradition in anderer Form bietet der Sampler HELL COMES TO YOUR HOUSE (Part II). Wo Part I noch weitgehend am HardCore-Punk festgehalten hatte, geht die neue Ausgabe mit full speed auf wilde amerikanische Bauernfeste, wo sich Country & Western mit Punk-Attitüden anzufreunden beginnt. Beste Gruppen: Tex & The Horseheads, die Cramps-üeblinge Blood On The Saddle, Mau-Maus und Minutemen. Leider nur als fast unerschwinglicher US-Import erhältlich (5).

Maxis: Julian Copes „The Greatness & Perfection Of Love“ (Phonogram) ist ein Remix von seiner LP, wichtig wird die 12″ durch zwei seiner traditionell guten B-Songs (4).

Neuer, grandioser Underground-Pop im Stile des Monochrome Set kommt von The Jazz Butcher auf seiner 5-Track-Maxi „Marnie“ (Glass/RT-Vertr.). LP folgt hoffentlich bald (5).

Alien Sex Fiend sind der Brut der Londoner „Batcave“, Treffpunkt der Psychos, zuzurechnen. Ihr vor kurzem erschienenes Debüt-Album schien zu schnell produziert und enttäuschte. Die neue Maxi dagegen bringt’s: „R.I.P.“ ist alles andere als ein Gruftgesang, eher ein nicht endendes Frühjahrsgewitter auf Speed (4).

(Ebenfalls auf dem Psycho-Label Anagram-Rec. sind Sunglasses After Dark, bekannt vom wichtigen BLOOD ON THE CATS-Sampler. Ihre 4-Track-Maxi beginnt sehr langsam und stellt den Violinisten des Quartetts in den Vordergrund, danach produzieren die Jungs erregend-archaischen Psychedelic-Lärm: Kennt jemand noch die Band High Tide, so anno 1970? (4).

Wer weißen Techno-Dub-Reggae-Disco lieber hört als Roots-Reggae oder Aerobic-Rhythmen ist mit Colourbox gut beraten. Sängerin Lorita Grahame hat eine phantastische Stimme, der Rest ist destruktiver, abenteuerlicher Anti-Sunsplash-Reggae. (5) für die Mini-LP COLOURBOX, (3) für die etwas lasche Maxi „Say You“ (übrigens ein U-Roy-Original). Beide Platten auf 4AD.

Kuriositäten aus dem deutschsprachigen Raum: Unbedingt erwähnenswert das neue Werk der Tödlichen Doris aus Berlin – CHÖRE & SOLI enthält als Box Set sage und schreibe acht Platten incl. Plattenspieler und Booklet. Daß das Vinyl nur sechs cm Durchmesser hat und das Abspielgerät bequem in die Jackentasche paßt, erhöht den Kuriositäten-Wert. Allein die Idee verdient Höchstwertung. (Vertrieb: Pure Freude. Das Büro).

Kuriosität Nummer 2: aus Wien kommen Ronnie Urini & die letzten Poeten (Hilfe!) und stellen zunächst einmal das Back-Cover der ersten Velvets-LP nach. Der musikalische Teil besteht aus deutschen Originalaufnahmen bekannter Psych-Hits, z. B. „Schrei wie ein Baby“ oder „Ein Traum Zuviel (Heut Nacht)“. Die LP AUS DEN KELLERN DER NACHT ist erhältlich bei Ton um Ton, Lindengasse 32, A-1070 Wien. (4).

Ein vielversprechendes Debüt kommt von der Ruhrpott-Band Die Regierung, die als Vorbilder The Fleshtones und RotWeiß Essen angeben. Ihre LP 23 MINUTEN ROCK SCHROTT bringt für deutsche Verhältnisse unerhört fette Gitarren, die bereits den „Melody Maker“ aufhorchen ließen (Elfmeter/Vertr. Das Büro). (4).

Unter dem Namen „What’s so funny About“ meldet sich ein neues deutsches Label mit internationalem Programm: erste Veröffentlichung sind Trigger & The Thrill Kings, die Rockabilly mit Elektronik kreuzen. Auf der ersten Maxi „Moanin‘ Low“ sind Ex-Gun Club-Gitarrero Jim Duckworth sowie Drummer Jim Sclavunos dabei (4).