Sean Lennon – Friendly Fire

Es mag ja von Vorteil sein, einen berühmten Daddy zu haben. Man lernt die richtigen Leute leichter kennen, und wer Lennon heißt, dem öffnen sich die Türen der Plattenfirmen wahrscheinlich vollautomatisch. Nur: Im Publikum gibt es diesen latenten Widerwillen gegenüber jener Promibrut. die den elterlichen Betrieb zu übernehmen gedenkt. Sei es, weil die offenen Plattenfirmentüren auf einen allzu hohen Vitamin-B-Gehalt schließen lassen, oder weil der Familienname als unlauterer Kaufanreiz interpretiert wird. Beides kann gewiss mangelndes Talent übertünchen. Aber letztlich nicht sehr lange, denn die Erwartungen sind hoch, und die etwaigen Hohngesänge so hässlich wie zahlreich. Mal ehrlich: Soll sich Sean Lennon allen Ernstes Smith nennen, nur damit irgendwelche Leute vom Vorwurf absehen, er wolle auf Übervaters Kosten eincashen? Grober Unfug, nicht wahr? Überdies: Lennon der Jüngste hat Talent, ein Händchen für große Popmelodien, einen leichten Hang zur Exzentnk und noch dazu eine ganz wundervolle Stimme. Alles Dinge, die eine Musikerkarriere rechtfertigen können, into the sun hieß sein Debüt von 1998, von vielen Menschen geschätzt, aber alles andere als ein Hitparadenbrecher. Ein wenig verträumt und verschroben klingt auch friendly fire, doch unter der teils plüschigen Piano-Oberfläche und hinter den akustischen Gitarren lauern immer wieder kleine Widerhaken genug, um dem Ganzen Charakter zu verleihen, aber nicht so viele, als dass der Vorwurf berechtigt wäre, hier versuche einer krampfhaft, Kunst zu kreiieren, nur um dem Ansehen der Familie keine Schande zu machen. Mutters Avantgarde und Vaters Rock’n’Roll spielen keine Rolle, Sean Lennon gibt stattdessen den aufgeklärten Romantiker. FRIENDLY FIRE ist luxuriöser Pop, französisch in seiner spacig-sanften Machart, zartbitter im Abgang und mit netten Anklängen an die Songwriter der 70er Jahre: zehn wunderbare Songs auf einem schlichtweg schönen Album.