Serge Gainsbourg – Serge Gainsbourg Forever :: Chanson

Als Musiker, Komponist, Chansonier, später auch Schauspieler, Regisseur und Autor spielte Serge Gainsbourg vor allem in seiner Heimat Frankreich eine gewichtige Rolle. Doch der Einfluss (u.a. Beck, David Bowie, Nick Cave, Air, Pulp, Suede, Saint Etienne) des 1991 an einem Herzschlag verstorbenen Allroundtalents auf die internationale Popkultur ist nachhaltig. Kein Wunder, bei einer so verworrenen, interessanten und spannenden Lebensgeschichte. Das Mitte der fünfziger Jahre als Barpianist im Pariser Künstlerviertel St. Germain entdeckte Unikum jüdischer Herkunft lebte seinen zynischen Fatalismus nicht nur in der Ära des Existenzialismus offen aus. In die moralisch strenge Chansonriege wollte und konnte sich der ständig kreativ übersprudelnde Kettenraucher mit der tiefen Stimme nicht unterordnen. Ob er aus Protest gegen die französischen Steuergesetze eine 500 Francs Note während einer populären TV-Show verbrannte, die „La Marseillaise“ als Reggae massakrierte, die junge Whitney Houston vor 14 Millionen Fernsehzuschauern aufforderte, mit ihm ins Bett zu steigen, oder sich für Plattencover als alternden Transvestit und als linke Verbrechervisage in Polizeiakten ablichten ließ – der Exzentriker inszenierte sich nicht nur um seiner Selbst willen, sondern kämpfte auch vehement gegen Spießbürgertum und falsche Moral. Permanent auf der Suche nach neuen Ausdrucksmitteln brillierte Gainsbourg in zahlreichen Genres: vom traditionellen Chanson über latin angehauchten Barjazz, britisch gefärbten Swinging-Sixties-Pop und lasziven Lounge-Core bis hin zu eigenwilligen Exkursionen in Sachen Rock ’n‘ Roll, Punk, Reggae und Elektro-Beat. Lange vor Paul Simons „Graceland“ entdeckte er 1964 (GAINSBOURG PERCUSSION) afrikanische Folklore als aufregende Songbasis. Künstlerkolleginnen (u.a. Francoise Hardy, Catherine Deneuve, Yves Montand, Vanessa Paradis, Dalida) schrieb er maßgeschneiderte Popsongs auf den Leib. Mit der noch minderjährigen France Gall als Interpretin gewann er als Komponist 1965 – für Luxemburg den Grand Prix („Poupee De Cire, Poupee de Son“). Die in den siebziger Jahren erneut aufgefrischte künstlerische Liaison endete vorerst unsanft, als Papa Gall feststellen musste, dass sein geliebtes blondes Töchterchen eine Ode an den Oralsex („Les Succetes“) in französischen TV-Shows zelebrierte. Die Thematik griff Gainsbourg Jahre später weitaus provokanter auf, als er nackt mit der eigenen, damals 14 Jahre alten Tochter Charlotte im Videoclip zu „Lemon Incest“ agierte. Den größten internationalen Erfolg feierte Gainsbourg 1969 mit dem schummrigen Schlafzimmergeflüster von Je t’aime… (moin non plus)“ im Duo mit seiner späteren (dritten) Gemahlin Jane Birkin. Mit üppigen 16 Originalalben der Jahre 1958 bis 1987 sowie zwei nonchalanten Livemitschnitten (CASINO DE PARIS und ZENITH 1988) auf DVD liegt nunmehr ein Großteil des umfangreichen wie immens vielfältigen duvres digital aufgemöbelt vor. Als kompakte Übersicht für den Neueinsteiger sei das 2-CD-Set Serge Gainsbourg Forever mit 42 grandiosen Tracks empfohlen.

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