Sieben wunderbare Jahre von Göran Sahlberg
Nach den Kriegsgeschichten und dem Hinterntätscheln kam noch auf jedem dieser so langweiligen I wie überflüssigen Familienfeste der Punkt, an dem ein angesoffenener Onkel oder der ortsansässige Pfaffe einen beiseite nahm und faustisch fragte, wie man es denn mit der Religion halte. Hatte man Mumm und halbwegs die richtigen Bücher gelesen, konterte man mi tdem B-Dolf-Satz: „Religion ist Opium für Kirchentage!“, worauf zielsicher die „Auf die Dosis kommt es an“-Replik abgefeuert wurde, was schon immer ein rechter Schmarrn war. Für Kinder nämlich kann jede Dosis todbringend sein.
wie der herausragende Romanerstling des Schweden Göran Sahlberg beweist, dessen sechsjähriger Ich-Erzähler nur eines will: Prediger werden wie sein Vater. Dass er beim Versuch, sich so viele Stecknadeln wie möglich zwischen die Lippen zu klemmen, seinen Geschmackssinn verliert, hält ihn dabei nicht auf. Wer sein Leben auf Gott ausrichtet, muss es nicht schmecken können! So läuft der Junge im schwarzen Anzug herum, tippt Begräbnisreden und wird regelrecht zerrieben zwischen den religiösen Anforderungen und-ja!-der überbordenden Liebe seinergläubig-gehorsamen Eltern. Als er, wie alle Buben in diesem Alter, eines der zehn Gebote bricht (er klaut ein Fahrrad), ist er sich sicher, das Ende der Welt eingeläutet zu haben-was durch die (politisch-historische) Einbettung des Romans in die 50er, als tatsächlich die Gefahr eines dritten und atomar-endgültigen Weltkriegs bestand, mehr als nachvollziehbar gemacht wird (Koreakrieg, in China inhaftierte US-Piloten, Suez- und Kongokrise…). Es ist da her folgerichtig und ein Geniestreich des Autors, dass der damalige UN-Generalsekretär Dag Hammearskjöld eine tragende Rolle im Roman erhält (grandios, wie der spätere Friedensnobelpreisträger einerseits „in mission of peace“ um die Welt jettet und andererseits in seinem schwedischen Sommerhaus minutiös die Erschießung der Maulwürfe plant). Und mittendrin ein kleiner Junge, mutter!seelen!allein mit der (eingeredeten) Schuld, Gottes Zorn über die Menschheit gebracht zu haben… „Sieben wunderbare Jahre“ ist endlich mal ein Coming-of-age-Roman, der diesen Namen verdient. Hier macht einer Ernst mit Religions- und Pädagogikkritik und dem unbedingten,durch nichts zu brechenden Lebenswillen eines Kindes -politisch genau, anrührend komisch und notwendig brutal. „Juble jetzt, mein liebes Herz“, singt der Junge immer wieder. Beim Lesen tut es das!
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