Smoke

Wer versucht, diesen Film in einen Satz zu packen, der wird mit trockenem Mund und verknotetem Hirn auf der Strecke bleiben. Wer sich aber einläßt auf die vielen Episoden, großen Gefühle und kleinen Gesten, der wird mit 112 Minuten intelligentem Kino belohnt. Und einem Hauptdarsteller, der an Brillanz nicht zu überbieten ist: Harvey Keitel, der Workaholic mit stets nölig-aggressivem Gesichtsausdruck und der Körperhaltung eines Kampfhahns, spielt auch in ‚Smoke‘ wieder alle Kollegen an die Wand. Zentrum des Films ist der schnurrige Zigarrenladen von Auggie Wren (Harvey Keitel). Hier treffen sich Freunde, Arschlöcher und Kleinbürger aus Brooklyn, und wenn sie schon nichts miteinander verbindet, so haben sie sich dennoch eine Menge zu erzählen. Schriftsteller Paul Benjamin (William Hurt) hat bei einem Gewaltverbrechen seine Frau verloren. Er leidet, streunt herum und saugt sich bei Auggie mit dubiosen Storys voll, die er in seinen Geschichten verarbeitet. Auggie selbst, ein cooler Stoiker mit weichem Kern, setzt auf ein ganz großes, leider illegales Geschäft mit Kuba-Zigarren und hat darüberhinaus seine Freude daran, die Geschicke seiner Kundschaft unmerklich zu manipulieren. Rashid (Harold Perrineu Jr.) verschanzt sich hinter fadenscheinigen Identitäten und falschen Namen, Cyrus (Forest Whitaker) leidet an familiären Verwicklungen und die vom Leben gebeutelte Ruby (Stockard Channing) schließlich versucht mit Augenklappe und Mutterwitz, ihrer Tochter ein ähnlich mieses Schicksal zu ersparen. Regisseur Wayne Wang hat ein ganz eigenes Konzept, sein Werk zu beschleunigen: „Der Film soll sein wie ein rauchiger Raum, der geheimnisvoll wirkt, leicht surreal, in dem nicht faßbare, geheimnisvolle Dinge passieren. Er soll anrühren, auf einer tiefen, emotionalen Ebene, ohne daß er sich bis auf die Stelle hinter dem Komma analysieren läßt.“ Was der theoretische Überbau eines im Grunde ziemlich schlichten Umstandes ist: Wangs Figuren sind Kantenköpfe, stark, eigen und originell. Durch ihr Eigenleben, ihren Witz und ihre Stärke peitschen sie den Film in die Köpfe auch jener Zuschauer, die im Kino eine durchgehende Geschichte erwarten. Mit letzterer kann der Episodenfilm natürlich nicht aufwarten.