So finster die Nacht :: Bloody Well Right

Nur der Richtige darf rein: So einen Vampirfilm hat man noch nie gesehen.

Sex! In den großen Mythen des Horrorgenres geht’s immer nur um das eine: Frankenstein erzählt in seinen Allmachtfantasien von Inzest, der Werwolf ist Ausdruck unkontrollierbarer männlicher Libido, und der Vampir steht für die Anziehungskraft des Sinnlichen, das Ausleben verbotener Fantasien, den Rausch der Lust. Stimmt. Wenn es sich nicht gerade umso finster die nacht handelt, Thomas Alfredsons exquisite Verfilmung des in Schweden sehr erfolgreichen Jugendromans von John Ajvide Lindqvist (der auch das Drehbuch verfasste). Alle Versatzsrücke einer klassischen Blutsaugersaga finden sich hier – die Gier nach Menschenblut, die Einsamkeit des Unsterblichen. Nur die sexuelle Komponente wird ausgespart, oder besser: komplett neu interpretiert. Denn die Ballade vom Leben nach dem Tod in der Nacht dient nur als Spiegel für eine verzweifelte Geschichte über das Erwachsenwerden. Der zwölfjährige Oskar, der im Mittelpunkt der schaurigen, aber im exakt richtigen Ton erzählten Mär steht, könnte auch Michel aus Lönneberga sein, nur dass er nicht behütet anno dunnemals auf dem Land auf wächst, sondern sich in seiner schmucklosen Mietsiedlung und unpersönlichen Schule hilflos den Angriffen dreier brutaler Arschgeigen ausgesetzt sieht. Ein Hauch von Stephen King weht durch diesen Film, in dem sich der ausgegrenzte Einzelgänger zunächst nur mit Gewaltfantasien zu helfen weiß. Dann lernt Oskar Eli kennen, ein blasses, trauriges Mädchen, das immer nur nach Sonnenuntergang anzutreffen ist. In ihr findet der Junge eine verwandte Seele. Dass nun auch brutale Morde Einzug halten in dem heruntergekommenen Viertel, übelst zugerichtete und blutleere Leichen gefunden werden, bringt zunächst niemand mit Elis Ankunft in Verbindung. Oskars Entdeckung, dass sie ein Vampir ist, macht das gemeinsame Band dann nur stärker, weil immer deutlicher wird: Für beide geht es nur ums nackte Überleben. Alfredson nimmt seine Figuren, sein Thema, seinen Film ernst. Und er beherrscht es, mit aller gegebenen Ruhe nicht nur bitterbösen Humor und drastische Gewalt zu balancieren, sondern auch eine eigentümliche, bedrohliche Atmosphäre zu etablieren. Diese Geschichte über zwei verlorene Kinder, die erzählt er nur für Erwachsene. Auch wenn sich kein Sex finden lässt.

Start: 23. 12. Mit Kare Hedebrant, Lina Leandersson, Per Ragnar u.a.

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