Spectre – The Second Coming

„You wanna go someplace dark?“ begrüßt uns eine Stimme aus der Unterwelt. Natürlich, warum sonst hätten wir wohl ein Produkt aus dem Hause WordSound aufgelegt? Dort, in einem Kellergewölbe in Brooklyn wird auf nunmehr 24 Alben Dub, HipHop, dunkle Mystik und Verschwörungsgemurmel zu einem zähen, dickflüssigen Sud aufgekocht. In der hauseigenen Informationsschrift ist dafür vom (bislang unbekannten) Unter-Genre „Subterranean Beats“ die Rede, das natürlich ausschließlich von WordSound und damit von Spectre repräsentiert wird. Denn Spectre ist niemand anderes als Labelchef und Musikjournalist Skiz Fernando, in dessen Werk alle Erkenntnisse aus vier Jahren Tieffrequenz-Forschung zusammenkommen. Neben Unterwasser-Beats hat Skiz einen Hang zu Größe und ironisch gebrochenem Pathos. So präsentiert sich der Künstler im Booklet sowohl als romantisch an einer Rose schnuppernder Orientale wie als blutrünstiger Schwertkämpfer, umgeben von Sternschnuppen und den Pyramiden von Gizeh. Einen ähnlich weiten Bogen spannen Spectres vokale Beiträge, von ernstzunehmendem weiblichen Soul bis zu Sensational, dem wahnsinnigsten Rapper unter der Sonne. Getragen wird all dies von seinen unter dem Pulsschlag dahinstolpernden, mit Flöten und Rasseln garnierten Beats. In diesen hypnotischen Groove laufen europäisch-mittelalterliche und asiatische Zitate, hintergründiges Scratching, Noise, Elektrotupfer. Über die Gesamtlänge von fast 70 Minuten hat sich Fernando damit etwas zuviel vorgenommen, läuft die Platte aus dem Ruder und wird zerfahren. Aber vielleicht sind unsere Ohren für diese Avantgarde der Dub-Forschung noch nicht bereit, und das Werk kann erst von kommenden Generationen erfaßt werden.