Stoned Again :: Keith & Co. bitten in die „Voodoo Lounge“

Eine neue Steinzeit ist angebrochen – zumindest, was die personelle Besetzung der Stones angeht: Bill Wymans selbstgewählter Vorruhestand sorgt für den ersten Wechsel seit dem Eintritt von Ron Wood im Jahr 1976. Musikalische Konsequenzen bleiben allerdings aus, denn Ersatz-Bill Darryl Jones gibt dem Stones-Sound genausoviel Impulse wie der mittlerweile lustlose Original-Bassistnämlich keine. Also bleibt alles beim alten. Charlie holzt sein Minimai-Repertoire, Keith fabriziert wunderbar rhythmische Gitarrensplitter („Sparks Will Fly“), Ronnie Wood läßt das Bottleneck gleiten („You Got Me Rockin“) und Jagger gurrt und geifert wie eh und je. Zur Erinnerung an lan Stewart läßt Gast-Keyboarder Chuck Leavell sogar das Honky Tonk-Piano klimpern („Mean Disposition“). Die Rolling Stones, deren Durchschnittsalter nur durch Neuzugang Jones auf unter 50 gedrückt wird, geben sich stilistischen Neuerungen gegenüber erwartungsgemäß verhalten: „New Faces“ gemahnt mit barocker Cembalobegleitung an die längst verflossene „Lady Jane“, die zartschmelzende Country-Ballade „The Worst“, gesungen von Keith Richards, beschwört den Geist seines vor rund zwanzig Jahren verstorbenen Gitarren- und Heroin- Kumpels Gram Parsons. „Brand New Car“, verziert mit schwülen Bläsern aus der Stripper-Bar,, hätte hingegen auf BLACK AND BLUE eine gute Figur gemacht. Frischere Töne sind in der VOODOO LOUNGE schwer zu finden: Für neue Aspekte sorgen lediglich „Suck In The Jugular“, das sich nach urbaner Klangcollage auf einen dezenten Funk-Groove einpendelt, sowie der RumDa-Reißer „Sweethearts Together“ . Warum das Gros der 15 Songs allerdings in kalifornischer laia back-Manier produziert wurde, bleibt das süße Geheimnis des in Sachen „Black Pop“ legendären Mischpult-Magiers Don Was. Laue Nummern wie „Baby Break It Down“, „Thru’And Thru'“ oder „Blinded By Rainbows“ hätten deutlich mehr Tabasco vertragen können. Die spartanische Energie der Single-Auskopplung „Love Is Strong“ läßt vermuten, wie die Rolling Stones 1994 klingen können, wenn Don Was seinen Bremsschuh auszieht. Was bleibt, ist ein durchschnittliches Stones-Album ohne echte Höhepunkte oder Durchhänger. Oder, wie es Ian Anderson ausdrückte: „Too old to rock’n’roll, too young to die.“