The Crash – Wildlife

Das nennt man schlechtes Timing: Gerade noch hat man uns erzählt, quiet sei the new loud; gerade noch tönten die „Coldplay! Coldplay!“-Chöre so breit durchs Pop-Land, dass die leise „Barclay James Harvest?‘-Stimme aus dem Hintergrund kaum auffiel – und plötzlich ist jeder froh, der den Friseurbesuch nochmal verschoben hat, und fügt sich eifrig dem Zeitgeist: dröhnt, wummert, schnoddert und verweigert nach Kräften. An der Seitenlinie stehen The Crash und haben die Arschkarte in der Hand. Und zwar doppelt, wegen eines Zeitparadoxons: Zum einen schafft es ihr zweites Album ohne Verschulden der Band erst mit einem guten Jahr Verspätung über die finnische Grenze hinaus – ebenso wie schon das erste, COMFORT DELUXE, über das damals zu sagen gewesen wäre, dass es wie ein in sich ruhender Kreisel gut gemischter und gut verstandener Elemente wirkte, aus hochintelligentem Britpop, klassisch verfeinerter Sixties-Kompositionskunst, Easy Listening ohne Nostalgie, ein paar Disco-Streuseln und unkonventioneller Balladerie, die streckenweise regelrecht filmische Ausmaße annahm – Bilder von Gebirgen aus Fels, Eis, Wolken und von endloser Weite erstanden vordem hörenden Auge, und zugleich erinnerte die schlanke, aber gehaltvolle Stimme von Teemu Brunila mit ihrer gelassenen Sehnsucht angenehm an die schönsten Momente von John Watts mit Fischer-Z. Das alles würde ich diesmal gerne wieder behaupten, aber leider kommt WILDLIFE bei aller Verspätung trotzdem zu früh und wirkt wie ein etwas dünner Aufguss der Essenz von damals. Die Refrains zünden nicht, die Melancholie schmettert nicht nieder, die Euphorie reißt kaum mit. Das Ergebnis ist seltsam ort- und zeitlos und recht „angenehm“ zu hören, aber man sagt dazu heute nicht mehr „angenehm‘, sondern „belanglos“ und vergisst schnell.

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