The Jam – Sound Affects

Als „Who-Epigoen“ oder „Retorte-Mods“ wurde Wellers Trio im branchentypischen Kategonsierungseiier ein Image angedichtet, das spätestens nach ALL MOD CONS nicht mehr zutraf. Denn The Jam dachten gar nicht daran mit aufgewärmten Townshend-Riffs das Who-Erbe anzutreten, und mit der pubertären, halbherzigen Neo-Mod-Nostalqie des vergangenen Sommers hatten Weller & Co. ohnehin nie etwas gemein. SOUND AFFECTS bestätigt, wie alle Jam-Alben zuvor, daß es die Band wie kaum eine andere versteht, neue Strömungen und Tendenzen fast unmerklich in ihr Spektrum zu integrieren. Die Platte ist überaus sorgfältig konzipiert und ausgetüftelt, ohne jemals den Eindruck von Sterilität oder Überperfektionismus zu erwecken. Was vor allem ein Verdienst von Vic Coppersmith‘ ungemein ökonomischer Produktion ist. Jedes Instrument ist gleichermaßen präsent, die Rhythmus- und Akkordfolgen sind immer flexibel und variantenreich, werden nie nach eingefahrenen Mustern hirnlos heruntergehämmert.

Manchmal allerdings, insbesondere bei der schwächer ausfallenden zweiten Seite, wirkt das alles ein Quentchen zu durcharrangiert und filigran. Dennoch eine Nummer wie das als Single ausgekoppelte „Start“ beweist, daß moderner Pop nicht unbedingt um den obligatorischen Mitklatsch-Refrain herum aufgebaut sein muß. Die Art und Weise wie Weller sein Instrument traktiert, ist wirklich imposant und mir fällt auf Anhieb kein Gitarrist ein, der mit teilweise so simplen Mitteln einen derart unverwechselbaren Sound kreiert. Die unkontrollierte Dynamik seines Spiels wirkt nie vorbelastet, kein Akkord, kein Lick sind vorauszuberechnen. Atmosphärisch reflektieren seine Songthemen hinlänglich Bekanntes, oft undurchdringlich und last schon verträumt, bisweilen mit einem Hang zu Selbstmitleid und Melancholie aber immer aus einem ungemein persönlichen Blickwinkel. Gerade diese freimütig artikulierte, entwaffnende Ehrlichkeit, mit der Weller den Zugang zu seinem Wesen gewährt, machen seine Texte so ungeheuer human und sympathisch. SOUND AFFECTS ist ein größtenteils überzeugendes, ausgereiftes Produkt und bestätigt The Jam als eine der wichtigsten, einflußreichsten Bands der Gegenwart.