The woodentops :: Münster, Odeon

„Tschüs, Popstar!“ ruten die Jungs von der Plattenfirma augenzwinkernd hinter ihm her, aber Rolo McGinty reagiert nur mit einem verlegenen „Ihr-Meint-Doch-Nicht-Etwa-Mich „-Lächeln. In der englischen Heimat mag der Woodentops-Sänger sich inzwischen dran gewöhnt haben, daß sein Kopf die Titelseiten der Musikgazetten ziert, aber daß es nun in Deutschland auch schon losgeht…

Wo die fünf Briten auch spielten — die Clubs waren zu klein. Auch das Odeon platzt aus allen Nähten. Hochtoupierte Frisuren hochgewachsener Menschen versperren die Sicht —- und da die Band im Schnitt nur l.65 m vom Scheitel bis zur Sohle mißt, gibt’s eigentlich nix zu sehen. Aber zu hören …

Und da lassen die Woodentops sich nicht lumpen. Gut und gerne zwei Stunden langen sie hin, ohne das Tempo zu drosseln. Daß die spieltechnischen Qualitäten der Band sich dabei manchmal umgekehrt proportional zur Dauer des Gehörten verhalten, trübt den Genuß ein wenig. Vor allem die technischen Fähigkeilen des Gitarristen Simon Mawby und der „Keyboarderin“ Alice Thompson sind, nun ja, sagen wir es höflich: entwicklungsbedürftig. Bassist Frank de Freitas — sein Bruder diente bis vor kurzem bei Echo & The Bunnymen — macht seine Arbeit ordentlich, ist sichtbar der ruhende Pol in dieser quirligen Formation.

Das musikalische wie darstellerische Rückgrat bilden aber eindeutig Schlagzeuger Benny Staples und Vorsänger/Gitarrist Rolo McGinty. Beide treiben’s barfuß auf der Bühne, und beide produzieren Schweiß-Sturzbäche, daß jeder Sauna-Profi vor Neid erblaßt. Benny Staples steht hinter seinem Miniatur-Standschlagzeug (die Band hat früher Straßenmusik gespielt) und hackt in die Trommeln, daß nur die wenigsten es wagen, diesem High-Speed-Beat tanzenderweise zu folgen.

Rolo entpuppt sich als wahrer Bühnenderwisch, der stellenweise völlig ausrastet, mit verdrehten Augen das Mikro umklammert, unverständliche Laute ausstößt, um dann ein paar Minuten später mit seinem typischen Lausbubengrinsen wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren, als wenn nichts gewesen wäre.

Überhaupt hat die Bühnenpräsentation der Woodentops wenig von jenem wohltemperierten Gute-Laune-Pop, der ihre Platten auszeichnet. Wehe, wenn sie losgelassen … Live, da sind die Woodentops laut, ruppig, von einer wohltuenden Aggressivität, die aber nicht verletzt, sich höchstens als Energiestoß von der Band aufs Publikum überträgt. Aber sie können auch ganz anders, können ganz lyrisch sein, stellen sich zu fünft vors Mikro und singen ein A Capella-Stück. Schön. Das Publikum ist dankbar für alles, was von vorn kommt, dankt es der Gruppe mit reichlich Jubel.

Und die kleinste Band der Welt beweist, daß sie von der Coolness „richtiger“ Popstars zum Glück noch Lichtjahre entfernt ist: Die Woodentops freuen sich einfach wie die Kinder, daß sie heute in Münster die Größten waren.