Tori Amos – From The Choirgirl Hotel

Sensibel, provozierend und deshalb sehr erotisch – so präsentierte sich Tori Arnos auf LITTLE EARTHQUAKES (1991), UNDER THE PINK (1994) und BOYS FOR PELE (1996). Platten, die den Ausnahmestatus der Amerikanerin zementierten. Klang schon das letzte Album nach Selbstfindung, liegt auch FROM THE CHOIRGIRL HOTEL ein persönliches Erlebnis zugrunde. Frau Arnos hatte in der dritten Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt, von der Bewältigung dieses Schicksalschlages erzählt die Musik. Polyrhythmische Perkussion, Arnos‘ impressionistisches Piano und expressionistische Stimme prägen die Spannung. Entkrampft hat sie sich, die komplizierten Strukturen von BOYS FOR PELE zugunsten durchschaubarer Arrangements aufgegeben. Doch die Lieder aus dem Hotel der Chormädchen bleiben ohne Profil,die schwüle Lyrik langweilt auf Dauer. Okay, das ist glänzender Pop, prima. Aber mit der Hand auf dem Herzen müssen wir zugeben, daß wir uns von einem Talent wie Tori ein bißchen mehr erwartet haben. Wer das künstlerische Wagnis unternimmt, sein eigenes Seelenleben musikalisch zu reflektieren, sollte anschließend davon erzählen können. Das ist der Sinn der Sache. Was ist passiert? Bei aller glaubhaften Sensibilität scheint ihr das einzige dazwischengekommen so sein, was wahrer Poesie gefährlich werden kann: Routine. Was einmal als Intimität und Introspektion durchgegangen sein mag, gerinnt hier zur Platitüde. Spätestens dann, wenn sich Sweet Tori in „Rasberry Swirl“ stöhnend und ächzend dem Fadeout entgegenhechelt. Aha, die Künstlerin läßt also beim Sex den Cassettenrekorder mitlaufen. Dergleichen kann man nun „irgendwie total intensiv“ finden, oder aber als akustischen Straßenstrich geißeln. Man kann aber auch schreiben, daß Tori ein berechnendes Album gemacht hat – und ein kleines bißchen traurig sein.