Tricky: Berlin, Columbiahalle :: TripHop-Seelenkampf
Sie sind Wieder da, die Dämonen. Oder sollte man sagen: immer noch? Denn wie auf früheren Tourneen umgibt Adrian Thaws alias Tricky weiterhin jene paranoide Aura eines Mannes, der nicht anders kann als seiner Umwelt permanent vor den Kopf zu stoßen. Er agiert und agitiert gegen die Regelndes Popbusiness, gegen den Erfolg, gegen sein Publikum und natürlich – vielleicht sogar vor allem – gegen sich selbst. Die Hölle ist noch immer round the corner, auch wenn Tricky im Vorfeld des jüngsten Albums „Blowback“ von seinem neuen, nüchternen, naturverbundenen Leben geschwärmt und seinen Willen zu Pophit, Airplay und Crowdpleasing bekundet hatte.
Doch dieses schreiende, vor Wut und Emphase zitternde Bündel Knochen, Sehnen, Haut undTattoos, das da auf offener Bühne ein Duell mit seiner eigenen Widersprüchlichkeit austrägt, ist trotz aller neuen Eingängigkeit ein Faustschlag ins strahlende Gesicht der MTV-Generation. Entsprechend orientierungslos blicken zahlreiche Menschen aus ihrer Designerwäsche, die wohl eher auf einen Pausenfüller bis zu den nächsten Tourneen von Massive Attack und Portishead gehofft hatten.Tricky aber ist nicht gekommen, um Wünsche zu erfüllen, auch wenn er eingangs gleich „Karmacoma“ spielt. Erfährt nieder wie ein metallener Racheengel, der die verstörte Eleganz seiner digitalen Soundentwürfe durch die fleischige Kraft einer verzerrten Gitarre ersetzt. Sein Raspel-Rap weicht heiserem Schreien und als würde er eine autistische Antithese auf Iggy Pop formulieren, stellt sich Tricky zwischen diesen Ausbrüchen mit dem Rücken zum Publikum und kifft, als könne er seiner asthmatischen Lunge puren Sauerstoff nicht zumuten.
Es wirkt,als müsse er skh vor jedem Vocalpart neuerlich dazu zwingen, sich wieder den Menschen zuzuwenden, um seine zerrüttete Seele bloß zu legen: der filigrane Geist im permanenten Kampf mit dem Misanthropen, den das Gefangensein im eigenen Leben zur Raserei bringt. Verständlich aber auch bedauerlich, dass sich diese Gefühlsturbulenzen nur zeitweilig auf eine Band übertragen, die zu häufig in die eingespielte, wenig aufregende Routine einer Profitruppe verfällt. Ein Abend, der weniger als Konzertereignis denn als Seelenkampf in Erinnerung bleibt. Spätestens jetzt versteht man, warum Tricky auf seinem neuen Album mit „Something In The Way“ einen Song von Kurt Cobain gecovert hat.
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