Views von Roger Dean Edition Olms :: Entrückte (Musik-)Universen

Kaum zu glauben: Es gab eine „virtuelle Realität“ lange vor dem Internet. Zu Urzeiten, als das Erzeugen von Rockmusik kein Geschäft war, sondern ein Zaubertreiben, vorgenommen von geweihten Übermenschen in futuristischen Studio-Elfenbeintürmen zur Entrückung aus der Schnöde von Alltag und Leistungsgesellschaft, genoss man deren zeitfreie Werke auf Teppichen lagernd, umgeben von aufgeklappter Coverkunst, die man anstarrte, bis sie 3-D-lebensgroß wurde und man hineintrieb in die merkwürdigen Universen, die nicht Gott oder sonstwer aufgefaltet hatte, sondern ein Bursche namens Roger Dean. Der 1944 geborene Maler (und Möbeldesigner) fing 1968 mit RAGE WITH THE DEVIL für Gun an, in eher untypischer „Hieronymus Bosch meets Disney“-Manier, versorgte dann Osibisa, Atomic Rooster, Gentle Giant, Budgie und andere Zeitgenossen mit Fantasieräumen, entwarf Logos für Harvest Records, Virgin und Vertigo (das berühmte Spiral-Label) und fand seine „Bestimmung“ bei den Prog-Großmeistern Yes, die ohne ihn wohl nie geworden wären, wofür man sie hielt, und die ihre eigene Kunst so innig mit der von Dean verbanden, dass ein Yes-Album ohne ihn kein richtiges Yes-Album war-die Ausnahmen bestätigen die Regel (TORMATO, 1978) bzw. sind Ausnahmen (GOING KOR THE ONE, 1977). Das ging so weit, dass Dean für die Band auch die Bühne in eine irrwitzige fremdplanetarische Landschaft verwandelte. Dieses Buch, 1975 erstmals erschienen, enthält seine Covers samt Studien und Vorarbeiten, dazu Möbel, architektonische Entwürfe, einen lesenswerten Essay des Fancasy-Dichters Donald Lehmkuhl, interessante Kommentare – und noch viel mehr virtuelle Realität, aus Zeiten lange vor dem Internet.

www.rogerdean.com