Yuppi Du

Bei den 28. Internationalen Filmfestspielen in Cannes war es im vergangenen Jahr neben „Alice lebt hier nicht mehr“ vor allem das wilde Zelluloid-Spektakel von Celentano, das von den Kritikern reichlich beklatscht wurde. Der singende Vagabund – er lebt mit seinem riesengroßen Familienclan in Mailand war bisher durch seinen 74er-Film „Der Kleine mit dem großen Tick“ kaum in frischer Cineasten-Erinnerung geblieben. Seine damalige Rolle als Mini-Mafioso mit Pechsträhne schlug auch nichts aufs große Publikum durch. Ganz anders dagegen die neue Kino-Kostprobe des „Azzurro“-Schnulziers. „Yuppi Du“ ist seine ureigenste Fleißarbeit, er schrieb das Buch, führte die Regie, produzierte selbst, spielt die Hauptrolle, besorgte den Schnitt und verfaßte die Musik, die auch auf einem Soundtrack erhältlich ist. Sein Eheweib Claudia Mori, in Italien ein wohlbekannter Film- und Gesangsstar, ist auch im Film seine Angetraute, Charlotte Rampling (die selbst einem so geschmacklosen Film wie „Der Nachtportier“ ihre unbestreitbare Würde verlieh) seine Geliebte. Den Inhalt auch nur in Umrissen zu erzählen, ist bei diesem turbulenten Bildertrip fast unmöglich: Einem Mann begegnet seine totgeglaubte Freundin ständig wieder und sorgt so für eine unendliche Kette von Verwirrungen. Die Fabel aber besagt hier eigentlich nichts. Celentano in einer Rolle zwischen „ewig beleidigtem Rebell“ und „Spaghetti-Hippie“ bringt in seiner musikalischen Tragikomödie die Dinge und die Menschen zum Tanzen und sorgt mit dieser traurigen Komik für einen Schwebezustand, in dem das Unmögliche selbstverständlich, das Natürliche verlogen wirkt, ein Festival des Paradoxen. Stilistisch setzt der gewiefte Italiener alle verfügbaren Mittel vom Musical über alte Slapsticks bis zum brutalsten Action-Kino ein. Da entsteht für wenige Szenen eine Stimmung wie in Nicolas Rög’s „Wenn die Gondeln Trauer tragen“, da zerfetzt er heiter-erotisch seiner Gespielin das dünne Kleidchen, da wird am finsteren Kanal vergewaltigt und gestochen, da gibt es eine Zwerchfell-erschütternde Kirchen-Hochzeit, Krüppel, Ballette, Einsamkeit.

Schon einmal, allerdings einige hundert Jahre früher, brachte er eine Kunterbuntmischung aus Theater, Musik, Pantomime, Schauspiel, Tanz und Action Europa in Bewegung: Das war die italienische „Comedia del Arte“. Was Celentano in „Yuppi Du“ macht, ist nichts anderes und darum empfehlenswert: Kino pur.