Starke Verben, schwache Währung


Altruistische Witztexter und die Kaiser Chiefs unterm Rettungsschirm. Unmaßgeblich in Zweifelsfällen: Josef Winkler

Ich muss noch einmal rekurrieren auf mein Geflimmer vom letzten Monat. Ich weiß, was Sie jetzt denken, und Sie haben recht: Was schert mich dem sein Geflimmer vom letzten Monat? Nun, zunächst ging es mir ohnehin darum, einmal das Wort „rekurrieren“ zu verwenden, das, wie ich gerade googelnderweise feststelle, vom Duden als „schwaches Verb“ verzeichnet wird. Nun ist der Duden, sagt man – oder sagt zumindest er, der Duden -, zwar maßgeblich in allen Zweifelsfällen, aber da muss ich ihm doch einmal widersprechen, halte ich „rekurrieren“ doch für ein ziemlich starkes, wenn nicht sau- oder gar affenstarkes Verb, ehrlich gesagt. Da find ich eher „googeln“ schwach. Ah, ich sehe gerade: das findet der Duden auch. Dann sind wir ja wieder einer Meinung. No offence, Dude.

Jedenfalls: Rekurs. Ich rekurriere hiermit auf mein letztmonatiges Geflimmer resp. Gewimmer bezüglich eines Ärgernisses oder sagen wir: einer Problematik, der spezifisch Kolumnisten und Witztextern in ihrem Berufsalltag begegnen. Es ging um die Problematik, oder sagen wir: das Phänomen des bereits gerissenen Witzes. Ich wollte und will meine Ausführungen gar nicht als Lamento des Unterlegenen in einem etwaigen Wettlauf um Witzhoheit verstanden wissen, denn klar muss sein: Wichtig ist Witztextern doch in erster Linie, DASS ein Witz gerissen wird. Der Witztexter sieht sich da gewissermaßen als Geburtshelfer, das höhere Gut ist der Witz, der hinaus muss in die Welt. Wer ihn da wann wie wo als Erster oder Zweiter oder Wievielter reißt, ist doch sekundär. Da nimmt sich der Einzelne auch mal zurück und stellt Eitelkeiten und Konkurrenzdenken hintan – wir ziehen da letztlich alle an einem Strang. Es ist da wie mit Bergen: Da hackt ja auch kein Fex dem anderen ein Auge aus darüber, wer wann wo zuerst oben drauf gestanden und sein Fähnchen reingestochen hat.

Genau. Gut, das stimmt natürlich alles gar nicht, aber schön wär’s auf jeden Fall, und ich kann sagen, dass ich dieser Tage tatsächlich mit Genugtuung und Erleichterung zur Kenntnis genommen habe, wie ein hinreichend bescheuerter Kalauer, der seit Jahren auch in meinem Töpfchen mit halb garen Kalauermöglichkeiten gelagert und schon etwas zu müffeln begonnen hatte, endlich hinausgepustet wurde in die Öffentlichkeit, ohne Wenn und Aber. Die „taz“ hatte es auf sich genommen, ihre Berichterstattung zum extrem leidigen Thema „Euro-Bonds“ (erinnert sich noch jemand? Wahrscheinlich eh schon wieder nicht mehr, weil mittlerweile schon wieder 104 neue extrem leidige Themen durchgewatscht wurden) eine Ausgabe lang an einem James-Bond-Gag aufzuhängen. Von „Mein Name ist Bond, Euro Bond“ über „Sag niemals nie“ bis hin zu „Euro Bond und Dr. Nö“, das volle Programm. Das nenne ich beherztes Zupacken. Sauber.

Jetzt kann man nur hoffen, dass die Kaiser Chiefs für jedes Mal, dass in den letzten Wochen ihr Songtitel „I Predict A Riot“ für eine Zeitungsüberschrift, einen Blog-Eintrag oder irgendeine sonstige Gag-Genese herhalten hat müssen, ein Zehnerl kriegen. Erstens müssten sie dann nicht so schnell schon wieder eine Platte machen, was zweifellos nerven- und ressourcenschonend wäre. Und zweitens hätten dann wenigstens die Chiefs etwas zum Herunterbeißen davon, dass sie in ihrem swingenden Land einen dermaßenen sozialpolitischen Saustall beieinanderhaben, dass man die Leute nur noch anstupsen muss und sie drehen durch, als hätte man ihnen das Hirn herausgenommen. Ein paar ganz Umtriebige, hört man, hätten ja am liebsten auch schon Berlin angezündet, aber so durchgetschackert ist man hierzulande gottlob offenbar noch nicht. Vielleicht, wenn die Tigerente noch ein paar Jahre weiter durchregiert. Aber wer zahlt das Zehnerl für die Kaiser Chiefs? Ach, hau her, was soll der Geiz: Das schieben wir auch noch unter den Rettungsschirm und dann kümmert sich Herr Bond drum.