The Beatles White Album


23 1968 herrschte weltweit Aufbruchstimmung — für die Fab Four war es die Zeit der Rechtsanwälte, erster Solo-Projekte, der wirklich harten Drogen und esoterischer Guru-Trips. Mit dem Tod Brian Epsteins verschwand der Katalysator, der die Macken jedes einzelnen Beatle immer irgendwie abzufedern wußte, und es begann ein Abwärtstrend, der sich bis zur endgültigen Trennung stetig verstärken sollte. Während des zweiten Aufenthalts im Ashram des Maharishi im Februar 1968 kam es immerhin zu einer einzigartigen musikalischen Eruption: Die Beatles verfaßten in den zwei Monaten (wenn auch vorwiegend in Einzelarbeit) um die 30 Songs, aus denen sie dann das erste N r. 1 -Doppelalbum in der Geschichte der britischen Charts zimmerten. Das reine Weiß des Covers steht im krassen Gegensatz zur überladenen Rätselhaftigkeit des 1967er-Monuments „Sgt. Pepper“. Dabei übertrifft das weiße Album seinen vielumjubelten Vorgängers in Sachen Kreativität, stilistischer Bandbreite und Komplexität sogar noch — und das beinahe bis zur Unverdaulichkeit. Dieser Raubzug der Beatles durch die zeitgenössische Musik führte gerade aufgrund seines übermäßigen kreativen Outputs zu dem sperrigsten aller Beatles-Alben, zu einem irrlichternden Wechselspiel zwischen Genie. Wahnsinn und brutaler Trivialität. Zugleich ist das weiße Album ein schier unerschöpflicher Zitatenschatz, der bis zur Punk-Revolte die gesamte Popmusik zum „Alles-schon-mal-dagewesen“-Dasein verdammte.