The Heart Throbs


„That’s Rock’n’Roll“, kokettierte der Mixer dämlich und drückte den Volume-Regler bis zum Anschlag. Eine infernalische Lautstärke erfüllte die schmucke, kleine Prinzenbar, die auf frappierende Art und Weise eher an das Privatgemach von Ludwig XXIII. erinnert als an eine Live-Bühne. Schweinisch laut war es. So laut, daß es nur drei Möglichkeiten gab, die Phonzahlen zu ertragen: Ohrstöpsel, stoische Leidensmiene oder der erlösende Abflug.

Dabei muß man der Band aus England zugutehalten, daß sie sich redlich mühte. Der einstündige Auftritt besaß eine nicht zu überhörende Dynamik: Von anfänglicher Übernervosität, mangelndem Zusammenspiel und verkrampfter Sensibilitäts-Attitüde arbeiteten sich die Heart Throbs zu kräftigem, hymnischem Noise-Pop gegen Ende des Gigs durch. Die Gitarren-Attacken waren nicht mehr so unkontrolliert und ohrenbetäubend wie zu Beginn, als der Noise-Anteil des Quintetts deutlich im Vordergrund stand, und sich der Pop-Aspekt eben gerade nur erahnen ließ.

Der Song „Dreamtime“, die zweite Single der Briten, geriet zum Wendepunkt des Sets. Zum ersten Mal an diesem Abend wurde auf den Punkt gegroovt, die Melodien – klare Stärke der Band – begannen sich zu entfalten; unweigerlich kam Stimmung auf. Allmählich begann man die Euphorie zu verstehen, die wegen der Heart Throbs zur Zeit in England herrscht. Für eine Band, die gerade erst das Debütalbum aufgenommen

hat, ist solcher Trubel jedoch eher Ballast denn Ansporn: „Wir sind eigentlich eher schläfrige Typen“, sagt Sängerin und Texterin Rose Carlotti.

„Eine der Lieblingsbeschäftigungen der Heim Throbs isi es, so viel Zeit wie möglich im Bett zu verbringen. Deshalb sind wir auf den Wirbel um uns eher schlecht zu sprechen. Wir wollten eigentlich viel lieber eine langsame Entwicklung und keinen Hype. “ Rose verbindet obsessive, düstere Texte über Sex. Tod und Frustrationen mit melodiösem Pop: „Ich stehe zum Beispiel sehr auf den Regisseur David Lynch und seine dunklen Visionen unter der trügerischen Oberfläche der Alltäglichkeit. Vielleicht sind wir das musikalische Pendant zu ihm.“

Die Heart Throbs sind Kopfmenschen. Das Live-Konzert ist nicht gerade ihre Domäne. Sie stürzen nicht in die Ekstase, sondern taumeln – wenn überhaupt – eher zufällig hinein. Die feingesponnenen Songstrukturen des Albums CLEOPATRA GRIP verschwanden in Hamburg allzu oft unter einer Kaskade aus Phon-Protzerei, Drum-Gedresche und Unsicherheit. Daran konnten selbst die schräg schönen geblümten Schlaghosen und Plateauschuhe von Sängerin Rose nichts ändern. Nach einer Stunde und keiner Zugabe hatten die Seelen ruh‘.