The Singles


So unterschiedlich sind die künstlerischen Positionen von Bon Iver & James Blake auch wieder nicht, als dass die beiden nach einem Treffen beim diesjährigen South-By-Southwest-Festival im März, oder: SXSW, wie wir Checker sagen, nicht beschlossen hätten, „mal was zusammen zu machen“. Das erste Resultat dieser Zusammenarbeit heißt „Fall Creek Boys Choir“ (Polydor/Universal) und ist ein Blake’esker, vollelektronischer Song, bei dem James Blake und Justin Vernon im Duett singen (natürlich beide auto-tuned wie Sau). Dazu synthetisches Hundegebell (vermutlich ein Schäferhund) und eine sporadisch draufpatschende Achtzigerjahre-Snaredrum.

Wo wir gerade bei James Blake sind. Besucher seiner Konzerte und die der nicht minder großartigen Mount Kimbie dürften im Vorprogramm schon einmal mit Cloud Boat in Berührung gekommen sein. Ein Duo (Sam und Tom) aus London, das jetzt endlich mit „Lions On The Beach“ / „Bastion“ (R&S/Alive) seinen ersten physischen Tonträger (eine 10-Inch) raushaut. „Lions On The Beach“ ist ein (atmo)sphärisches Bass/Dubstep-Wunder, während es sich bei „Bastion“ um einen zwar mehrheitlich elektronischen, aber „richtigen“ Song mit „richtigem“ Gesang handelt, circa herbstlicher Singer/Songwriter from outer space.

„Pretend“ ist nur einer von zahlreichen, wunderbaren, von Bassmusik beeinflussten Hits auf dem Debütalbum der Berliner Anglo-Tschechin Emika (wir berichteten). Wie dieser nun auf der 12-Inch „Pretend“ / „Professional Living“ (Ninja Tune/Rough Trade) vom Berliner Experimentalensemble Brandt Brauer Frick „reworked“ wird, mit einem „handgemachten“ Instrumental-Backing, das die Länder „Techno“ und „Neue Musik“ wie einen schon immer bestehenden Staatenbund erscheinen lässt, muss man hören – ja, hören, was sonst. Detroit-Kid Kyle Hall verwandelt den Track in seinem Remix zu einem aufgewühlten Post-Detroit-Track.

Endlich wieder was Neues von Glass Candy, den schon länger zu Disco-Poppern mutierten Indie-Rockern aus Portland, Oregon. Die 12-Inch „Warm In The Winter / Beautiful Object“ (Italians Do It Better – US-Import) zeigt Sängerin Ida No und Multiinstrumentalist Johnny Jewel in ihrer ganzen zuckersüßen, käsigen Achtzigerjahre-Italo-Disco-Pracht. Es rotieren die analogen Synthesizer, es schmachtet Frau No „I love you, we love you, come on, shout, shout, shout“. So soll es sein.

Der legendäre Michael J. Sheehy (ehemals bei der Londoner Band Dream City Film Club) hat nach diversen Soloveröffentlichungen im vergangenen Jahrzehnt wieder eine Band. Sie nennt sich Miraculous Mule. Die erste Veröffentlichung heißt auch „Miraculous Mule“ (Stag-O-Lee/Indigo) und kommt als 10-Inch-Vinyl und limitiert auf 500 Exemplare. Die 26 Minuten sind gefüllt mit sechs Songs, fünf Traditionals (darunter „Wayfaring Stranger“) plus einmal Chuck Berry („Downbound Train“) in einer Ich-glaub-mir-fliegt-der-Vogel-raus-Garagen-Trash-Version. Ansonsten: Soul-Blues-Folk-Gospel der pepperonischarfen Machart.

Stefan Betke aka Pole beendet seine längere Produzentenpause mit der 12-Inch „Waldgeschichten“ (Pole/Kompakt). Der Wald hat ja eine große Tradition in der deutschen elektronischen Musik der vergangenen zwei Jahrzehnte. Der erste Track „Wipfel“ ist in seiner dubbigen Experimentierfreude schon mal ganz hohe Pole-Kunst, wie Betke aus scheinbaren Störfaktoren ein warmes Ambiente und einen wunderbaren Minimal-Funk-Groove generiert, ist sensationell. Der „Dub“ verpflanzt den „Wipfel“ später in die Echokammer. Täuschen wir uns oder reitet „Wurzel“ auf einem schunkelnden Reggae-Rhythmus daher? Wir bitten um Aufklärung.

Erst lange Zeit nichts, dann gleich noch mal Pole: Der kleinste gemeinsame Nenner der Split-12-Inch „The S y n t h Remixes“ (Slices Of Life/Kompakt) von Sistol / Pole ist der Remixer: Detroit-Legende Mike Huckaby. Er verwandelt „Keno“ vom letztjährigen Sistol-Album von Vladislav Delay in einen dubbig-funky Housetrack. Hier erstmals und „extended“ auf Vinyl. „Silberfisch“ vom 2000er-Pole-Album 3 befördert Huckaby mit einem straighten Techno-Bumms auf den Dancefloor.

Die Gebrüder Voigt mal wieder. Nach vier Jahren treten Wolfgang und Reinhard wieder als Voigt & Voigt an die Öffentlichkeit. Und zwar mit der laufenden Nummer 69 der nach oben offenen „Speicher“-Reihe auf Kompakt: „Synthesize / Idolize“ (Kompakt). „Synthesize“ loopt bis zum Abwinken ein Gesangssample von Mark Hollis aus dem Talk-Talk-Song „April 5th“ zu einem Techno-Beat, bevor sich der Track, nun ja, in Richtung Industrial aufmacht. „Idolize“ ist auch zweigeteilt zwischen So-was-wie-Italo-Disco und einer Art Ambient-Techno.