Tilda Swinton ehrt David Bowie mit einer Rede im Victoria and Albert Museum


Zur Eröffnung der David-Bowie-Retrospektive in London hat Tilda Swinton David Bowie mit einer sehr persönlichen Rede geehrt.

David Bowie ist mit seinem neuen Album THE NEXT DAY aktuell der Mann der Stunde. In London wurde jetzt im Victoria and Albert Museum eine Retrospektive mit dem Titel “David Bowie is“ eröffnet. In der Ausstellung, die von Geoffrey Marsh und Victoria Broackes kuratiert wurde, finden sich über 300 bisher ungesehene Ausstellungsstücke aus dem Bowie-Archiv, die man noch von März bis August besuchen kann.

Zur Ausstellungseröffnung hat Tilda Swinton, die scherzhafterweise im Tumblr-Blog „Tilda Stardust“ selbst als David Bowie ausgegeben wird, eine tiefgehende und außergewöhnliche Rede gehalten. Die Schauspielerin spielt auch in Bowies neuem Video „The Stars (Are Out Tonight)“ mit und ist seit ihrer Kindheit Bowie-Fan:


 

‚David Bowie is‘: Tilda Swintons Eröffnungsrede zur Ausstellung

Auszüge der Rede von Tilda Swinton haben wir übersetzt, die ganze Rede findet Ihr beim Victoria and Albert Museum:

„Lieber Dave,

hier stehe ich jetzt, eine der Ausgewählten aus dem großen anonymen Bowie-Netzwerk und all die nettesten Verrückten sind hier. Wir sind im Victoria and Albert Museum um durch Deine Schränke zu stöbern, ein außergewöhnlicher Anlass. Kleiderschränke waren mein liebster Spielort, als ich ein Kind war (…) Mit zwölf Jahren habe ich immer eine Kopie von ALADDIN SANE mit mir rumgetragen. Zwei Jahre hat es dann gedauert, bis ich den nötigen Mut hatte, sie abzuspielen. Das Bild von einer rothaarigen, knochig-pinken weißen Person auf dem Cover mit diesen Schlüsselbeinen war für mich – als junge Tagträumerin – das Bild eines imaginären Cousins, eines Freundes meiner Wahl. Ich habe sehr lange gebraucht zuzugeben, selbst mir selbst gegenüber, und auch Dir, dass es die Vision war und nicht der Sound, der mich gefangen genommen hat. Aber wenn ich das nicht zugeben kann, wo, wenn nicht hier?

Wir haben alle unsere eigenen Geschichten und Wege, die uns in diesen Raum gebracht haben. Manche von uns – die beneidenswertesten – haben ihre Gemeinschaft bei den Billy’s Bowie Nights irgendwo zwischen San Francisco, Auckland und Heidelberg gefunden. Für andere war es ein einsamerer Weg, so als würde man Brotkrumen in einem einsamen Wald aufsammeln. (…)

Du hast für uns, die nirgendwo reingepasst haben, eine Komplizengemeinschaft geschaffen. Du hast uns aufgenommen, uns den Arm um die Schultern gelegt und uns ins Warme geholt. Jahrzehnte warst Du – bist Du – einer von uns. Du bist der verlässliche Sterbliche geblieben, zwischen den ganzen unsterblichen Dingen, die Du erschaffen hast. (…)  

Nichts ist mehr erwartbar, als Veränderungen. (…) Ich glaube das ist das, was ich am meisten in den letzten Wochen lieben gelernt habe. Wie klar es geworden ist, in den letzten Wochen – der Freak wird der, der alle vereint: Das Fremde ist die beste Begleitung für so viele von uns.

Für die Rede des heutigen Abends haben sie sich einen echten Bowie-Fan gewünscht. Sie hätten eine Papierserviette werfen können und hätten Hunderte getroffen. Ich bin die Glückliche, die hier für alle meine Gefährten stehen darf. Wenn ich daran denke, wie ich mich ein Mal gefühlt habe, ein Freak zu sein der Dich mochte, ein Freak zu sein der sich gefühlt hat wie Du, ein Freak zu sein, der immer ein bisschen aussah wie Du. Dann denke ich an die vielen Leute die durch diese Gänge laufen werden um die Brotkrumen wie im dunklen Wald aufzusammeln. Ich denke auch daran wie sehr Du uns alle geprägt hast. Du bist in unser aller DNA und ich bin einfach nur stolz.

Also: „Where Are We Now?“ Ich weiß, dass Du heute nicht hier bist, eigentlich macht das auch nichts aus, den wir sind – wie so viele Jungs und Mädchen, so viele Einzelgänger, Dandies – so viele Verrückte, die von Dir zusammen gebracht wurden. Zusammen stehen wir zu Dir, Dave Jones, unser niemals abwesender, nicht so unsichtbarer Freund. Wir haben ein schönes Leben.

Deine Tilly“