#universalinside2018

5 „Learnings“, die wir von der Universal-Jahrestagung 2018 mitgenommen haben


Bullshit Bingo, Superstars und jede Menge Frinks: Wir waren auf der Vertriebstagung des Major-Riesen Universal unterwegs und sind endlich wieder nüchtern. Hier ein paar Eindrücke.

Was wir auf Jahrestagung der größten Plattenfirma der Welt gelernt haben
Am Mittwoch fand unter dem Namen „Universal Inside 2018“ die Jahrestagung der weltweit größten Plattenfirma Universal Music statt. In schöner und protziger Tradition lud CEO Frank Briegmann Mitarbeiter aus Label und Vertrieb in die Mercedes-Benz Arena, um das zurückliegende Geschäftsjahr Revue passieren zu lassen und sie auf das kommende Geschäftsjahr einzuschwören. Auch die Presse war geladen, und heute, einen Tag danach, können wir sagen: Im Grunde passierte das Gleiche wie im vergangenen Jahr, nur die Acts waren andere: Statt The Kelly Family kam Maite Kelly, statt Bill Murray Rod Stewart, statt Benny Anderson Nile Rodgers, statt Deine Freunde Herbert Grönemeyer. Aber das ist nicht alles, was fragwürdigen Eindruck schindete.

5 „Learnings“, die wir von der Universal-Jahrestagung 2018 mitgenommen haben:

1. Die Musikbranche ist noch immer sehr sehr männlich

Zum Auftakt begrüßt Frank Briegmann einen ganz besonderen Stargast: Herbert Grönemeyer plaudert mit ihm über sein neues Album und andere wichtige Themen. Man dankt sich gegenseitig, es riecht nach Männerparfüm. Im weiteren Verlauf werden neben Briegmann noch weitere Universal-Alphatiere wie Tom Bohne, Dirk Baur und „der Neue“ Ulf Zick ihr Revier markieren. Mit Sandra Rieß darf eine Frau immerhin moderieren, mit Maite Kelly und Amy McDonald haben es zwei Musikerinnen ins Überraschungsprogramm geschafft und die neue Black-Eyed-Peas-Sängerin Jessica Reynoso kriegt sogar einen Blumenstrauß überreicht. Für den vermeintlich weiblichsten Moment, wenn wir schon bei Klischees bleiben, sorgen aber Briegmann und Rod Stewart: Mitten im Smalltalk fragt der Popstar den Topmanager, ob seine Hose von Zara sei. Der, kurz irritiert, spricht Stewart auf seine Leoparden-Latschen an. Dessen knappe Antwort, während er sie in die Luft hält: „Dolce & Gabbana!“

2. In der Musikbranche liegt noch immer sehr sehr viel Geld

Klar, Indiemusiker, die es bisher nicht auf ein Majorlabel geschafft haben oder niemals schaffen werden, haben es auch 2018 nicht leicht, mit ihrer Kunst ein Auskommen zu verdienen. Dass der Markt im Allgemeinen (und Großen) aber gerade nicht absäuft, beweist der Plattenfirmenriese, nun ja, eindrucksvoll: Neben Zahlen zu Wachstum, Absatz, Streaming und Videoaufrufen präsentiert Universal allein in den ersten zwei Stunden der über siebenstündigen Veranstaltung einige seiner größten oder hoffnungsvollsten Pferde im Stall: Grönemeyer, Stewart, Nile Rodgers, Amy McDonald (mit Halbplayback), Black Eyed Peas (mit zwei Livesongs und #wirsindmehr-Hashtag), Newcomer Sam Fender, sie alle ließen sich für jeweils fünf- bis zehnminütige Auftritte einfliegen. Es folgen aus den weiteren Reihen Matteo & Andrea Bocelli, Maite Kelly, Ben Zucker, Alvaro Soler, Nadine Sierra, Lukas Graham, Dendemann, Xatar, Pur und Helene Fischer per Grußbotschaft. Hätte selbst Paul McCartney plötzlich auf der Bühne gestanden, niemand hätte sich gewundert. Und wen von den Hunderten Zuschauern all das auf Dauer trotzdem langweilt, der schlägt sich draußen mit Lachs- und Schrimpshäppchen, Carpaccio, Gurken-Feta-Salat und auf der Aftershowparty mit Longdrinks und Pulled Pork Sandwiches den Bauch voll. Malle ist eben nur einmal im Jahr.

https://twitter.com/UmusicGermany/status/1039873902451859456

3. Business-Bullshit-Bingo lauert überall

Anbei nur einige der Phrasen und Sprüche, die wir in den Präsentationen nicht überhört haben und die täglich so oder so ähnlich auch in jedem anderen internationalen Unternehmen fallen:

  • „Neue Künstler im Markt breaken“
  • „Das ist der Backbone“
  • „Wir versuchen zu exciten“
  • „Immer wieder ein echter Bringer bei uns: Andreas Gabalier“
  • „Wir sind das drittgrößte Territory für diesen Act“
  • „Martin Jansen ist am tipping point ein international superstar zu werden“
  • „Unsere mission: Creative Artist Stories im Markt zu platzieren“
  • „Wir wollen Awareness und Touch Points schaffen“
  • „Über zwei Millionen adjusted units hier in Deutschland“
  • „dieser change process…“
  • „Horizontales Miteinander mit vertikalen Silos“
  • „Sieben aktive Frontline-Labels“
  • „music ist young“

4. Sam Fender wird mal groß

Ulf Zick ist offenbar nicht nur ein Freund flapsiger Sprüche und von Universals Superstar-Rooster, sondern glücklicherweise auch von neuer Musik: Dem 22-jährigen Briten Sam Fender prophezeit er, dass ihn in einem Jahr jeder kennen wird – und er dürfte damit Recht behalten. Nicht, weil Universal das Marketingbudget hat, um solche Vorhaben umzusetzen (bei The 1975 hat das in Deutschland zum Beispiel nicht geklappt) oder weil die BBC das gleiche behauptet. Sondern weil Fender wirklich ein Guter ist: In seiner neuen, mit Liveband präsentierten Single „Dead Boys“ singt der Songwriter über die hohe Suizidrate unter Männern im Vereinigten Königreich, in anderen Songs geht es um sexuelle Belästigung, Fake News. Liebeslieder und Party-Singalongs sucht man hier vergebens, die Musik dazu ist ähnlich packend wie der Newwave-Postpunk der White Lies oder der catchy Dramarock von Nothing But Thieves. Hier hat wer endlich mal wieder was zu sagen – und weiß es zu verpacken.

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5. Till Lindemann sieht aus wie John Travolta

Zumindest im Halbdunkel der Aftershowparty und auf den ersten Blick. Fotobeweisführungen nicht vorhanden. Schaut doch einfach nächstes Jahr wieder rein, wenn Rammstein ihr neues Album veröffentlicht haben werden und damit vielleicht bei #universalinside2019 „Hallo“ und eventuell gar „Tschüss“ sagen werden.

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