Viel weiter als bis zum eigenen Gartenzaun


In seiner schottischen Heimat sorgt Kenny Anderson alias King Creosote schon länger für Furore. Zeit wird's, ihn auch hierzulande zu entdecken -ihn und das erstaunliche Umfeld des Fence-Labels.

Kollektive sind schwer im Kommen. Seien es die niedlichen Architecture In Helsinki aus Australien oder die lustigen Kanadier aus dem Stars-/Broken-Social-Scene-Umfeld: Viele Leute auf der Bühne, das verspricht heute fast immer noch mehr glückliche Gesichter im Publikum. In Schottland, in der lauschigen Gegend Fife.gibt es den Kollektivgedanken schon seit zehn Jahren, ohne daß jemand ein Gewese darum veranstaltet hätte. Was mit Kenny Andersons erster Band The Skuobhie Dubh Orchestra und der Beta Band (damals noch mit Kennys Bruder Gordon, der jetzt unter dem Namen Lone Pigeon agiert) begann, wuchs heimlich zu einer musikalischen Juwelenschmiede. „Wir haben niedarangedacht, viel Energie in Presse und Promotion zu stecken „, sagt Kenny. „Und wir waren auch kein Kollektiv mit Ansage. James Yorkston, mein Bruder, die anderen und ich waren einfach Freunde, die ah und zu Songs voneinander auf CD-Rs brannten. Wir mochten es, gemeinsam Musikzu machen, ohne einen Masterplan zu ihrer Veröffentlichung im Hinterkopf zu haben. So hat sich alles irgendwie ergeben. Auf unserer Homepage gab es keine Downloads oder so. Wer die Musik hören wollte, mußte ein kleines Risiko eingehen und einfach das Geld rausrücken. Einige unserer Alben wurden dann praktischerweise schließlich auf Domino veröffentlicht.“

Anderson, der aus einer Musikerfamilie kommt, aber ohne Radio aufwuchs („Mein Vater hielt es nie für nötig, eineszu besitzen. Für ihn war Livemusik das einzig Wahre.“), ist auch heute noch der Meinung, daß eine allzu pedantische Herangehensweise der Musik und ihrer Seele schade. Manchmal müsse man Zufalle zulassen, um wahre Größe zu finden, ehrlich mit sich selbst und den Songs sein, damit sie andere berühren können. Seine Alben rocket d.i.y. und kc rules OK sind der beste Beweis. „Außerdem hasse ich es, zu proben“, lacht er. Wer mit einem Akkordeon im Arm großgeworden ist, wird natürlich keine umgekehrte Evolution zum musikalischen Analphabeten durchlaufen – so gesehen ist Kenny ein ziemlicher Tiefstap ler. Aber so buchstabiert sich auch sein Erfolgsgeheimnis: Nimm dich nicht wichtiger, als du sein kannst.

Viel Selbstreflexion spricht aus seinen Einträgen auf der Fence-Site, dem labeleigenen Fencezine, der Musik King Creosotes und seiner Mitstreiter. Wer einen unverklärten Blick auf die Welt da draußen werfen will, sich zurechtfinden zwischen den Enttäuschungen des Lebens, muß sich erst mal hinter dem eigenen Gartenzaun auskennen. King Creosote, Lone Pigeon, James Yorkston und ihre Freunde haben das begriffen. Nun wird es Zeit, alle anderen einzuladen. Das Tor steht weit offen.

www.fencerecords.com