Kommentar

Bad Bunny, Rosalía, Karol G: Weshalb Reggaeton nicht zu unterschätzen ist


Reggaeton wird oft vorverurteilt – wir erklären, weshalb sich das Genre im positiven Wandel befindet.

Reggaeton ist ein Genre, das durch Künstler:innen wie Bad Bunny und Rosalía wieder immer mehr ins Gespräch kommt – und das auch auf internationaler Ebene. Zwar hat die Musikrichtung – die ein Mix aus Reggae, HipHop, Merengue, Electro und lateinamerikanischen Sounds ist – schon seine Anfänge in den Siebzigern und konnte bereits in den 2000ern durch Shakira und Ricky Martin neuen Aufwind bekommen. Doch zwischenzeitlich verstaubte das Genre etwas, auch aufgrund der vielen, damit einhergehenden Stereotype – bis jetzt. Grund für den neuen Hype ist vor allem einer: Bad Bunny.

Benito Antonio Martínez Ocasio, alias Bad Bunny, ist der meistgestreamte Künstler weltweit. Laut der „Süddeutschen Zeitung“ bestehe seine Hörerschaft allerdings aus „den rund acht Prozent der Menschheit“, die Spanisch sprechen können. In Deutschland ist er auch gar nicht mal so bekannt, aber woran liegt das? Betrachtet man die Anzahl an Latin-Clubs oder auch die zahlreichen HipHop- & Latin-Events scheint es durchaus Interesse an dem Genre zu geben. Meist ist es jedoch mit Klischees behaftet und wird von der Masse gerne mal vorverurteilt als heterosexuelles, männerdominiertes Musikgenre, welches Frauen auf ihre Körper reduziert. Doch in der Szene hat sich einiges geändert. Wir schauen für euch auf die prominentesten Fälle und geben Tipps zu Latinx-Artists, die ihr im Auge behalten solltet.

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Zwar ist Reggaeton noch immer ein Genre, das männlich dominiert ist und in dem sowohl toxische Männlichkeit als auch Sexismus eine Rolle spielen. Doch wer genauer hinsieht, erkennt, dass sich die Szene mittlerweile in einem Wandel befindet. Es gibt immer mehr Musiker:innen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, eine Version des Reggaetons zu kreieren, in der inkludiert und nicht exkludiert und vorverurteilt wird. Es ist lange kein Genre mehr, dass man zur Seite schieben sollte, denn die „acht Prozent der Menschheit“ sind ungefähr 534 Millionen Spanisch sprechende Menschen.

Von Benito zum Rekordbrecher: Wer steckt hinter dem Phänomen Bad Bunny?

Wie bereits erwähnt, ist Bad Bunny in dem Reggaeton-Game derzeit der erfolgreichste Künstler und das wohl bekannteste Beispiel des Genres. Auch wenn seine Musik eher eine Mischung aus Rap, elektronischer Musik und Reggaeton ist, kann man den 29-Jährigen als Aushängeschild für das Subgenre betrachten. Aufgewachsen ist Bad Bunny in einem Vorort von San Juan (Puerto Rico) in einem Elternhaus, in dem eher Merengue – eine Musikrichtung, dessen Ursprung in der Dominikanischen Republik liegt – gehört wurde. Der Grund: Aufgrund ihrer Religiosität duldeten seine Eltern keine vulgäre Sprache. Zu Reggaeton hat der Rapper in seinem Teenageralter gefunden und machte bereits mit 13 Jahren Musik. Der internationale Durchbruch gelang Bad Bunny 2018 mit Cardi Bs Single „I like it“ auf dem er als Feature-Gast auftritt und die es unter die Top Ten der US-Billboard Hot 100 schaffte.

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2018 folgte auch sein erstes Studioalbum X 100PRE – eine Abkürzung für „por siempre“, auf Deutsch „für immer“ – auf dessen einem Song auch Drake als Gast am Start ist. Seitdem veröffentlichte Bad Bunny fünf weitere Studioalben. Sein aktuellstes, „Un Verano sin ti“ (zu Deutsch: ein Sommer ohne dich), kletterte auf Platz eins der US-Billboard Album Charts und erlangte als erste komplett spanisch-sprachige Platte in der Geschichte eine Grammy-Nominierung.

Dazukommend ist er der meistgestreamte Künstler weltweit und das nun schon das dritte Jahr in Folge. Soviel zu seinem Erfolg. Doch was verändert er am Subgenre genau? Bad Bunny bricht mit den Stereotypen der Szene. In „Yo Perreo Sola“ (zu Deutsch: Ich twerke alleine) spricht er über eine Frau im Club, die anfänglich mit ihm tanzen wollte und nun doch alleine sein möchte. Unabhängig davon, was die Frau trägt oder wie ihr Tanzstil ist, unterstreicht der Sänger in dem Song vor allem eines: Nein heißt Nein. Und das unabhängig vom Kontext.

Sich im Musikvideo neben twerkenden Frauen zu zeigen, wäre wohl das, was die meisten bei dem Songtitel erwarten würden. Bad Bunny schlüpft dagegen selbst in die Rolle der twerkenden Frau und lässt sich von Frauen außerdem auch mal an die Leine nehmen. Hinter ihm zu sehen ist die Aufschrift „Ni Una Menos“ (Nicht eine weniger) der Slogan der von Feministinnen im spanisch-sprachigen Raum genutzt wird und symbolisieren soll, dass keine Frau zurückgelassen wird.

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„But I never felt as masculine as I did the day I dressed up like a drag queen“

Auch modisch lässt sich Bad Bunny nichts von patriarchalen Vorgaben sagen. Er trägt regelmäßig Röcke, Kleider, Crop Tops und Nagellack. 2020 setzte er in der „Tonight Show“ mit Jimmy Fallon ein Statement. Er trat im Satinrock und mit einem rosa Oversize-Blazer auf. Während seiner Performance öffnete er seinen Blazer und ließ ein T-Shirt hervorblitzen, auf dem „Mataron a Alexa, no a un hombre con falda“ zu lesen war, was übersetzt „Sie haben Alexa umgebracht und nicht einen Mann in einem Rock“ heißt, um auf den Mord an einer Transgender-Frau und die Diskriminierung von Transgender-Personen aufmerksam zu machen. In einem Interview mit der „GQ“ äußerte sich der Musiker zu seinem Kleidungsstil mit den Worten: „Wie ich mich kleide, hängt von meinem Gemütszustand ab. Jeder sollte sich mit dem wohlfühlen, was er ist und wie er sich fühlt. Was macht einen Mann aus, was macht ihn männlich, was macht ihn weiblich? […] Für mich ist ein Kleid, einfach nur ein Kleid. [..] Es ist weder männlich noch weiblich. Es ist einfach ein Kleid.“

Rosalía: Das Frausein durch Reggaeton zelebrieren 

Ein ebenfalls prominentes Beispiel für „So kann es auch gehen“ ist Rosalía. Zugegebenermaßen ist die Sängerin keine klassische Reggaetonkünstlerin. Doch holte sie sich oftmals Inspiration bei dem Genre und verwendete des öfteren Reggaeton-Einflüsse. Ein gutes Beispiel dafür ist ihre 2022 erschienene Platte MOTOMAMI, für die sie sich entsprechende Sound-Vibes vom puerto-ricanischen Produzenten Mr. NaisGai holte. Der Name des Albums wurde von ihrer Mutter inspiriert, die selbst für ihr Leben gerne Mottorad fährt. In einem Interview mit dem deutschen „Rolling Stone“ erklärte Rosalía, dass sie durch das Werk die Stärke vermitteln wolle, „die sie bei ihr und anderen Frauen in ihrer Familie erlebt hatte“. Eine weitere Inspirationsquelle sei ihre Schwester, die regelmäßig ihr Styling übernimmt. Vor allem in ihrer Single-Auskopplung „Saoko“ zelebriert Rosalía den Motorradkult und die weibliche Sexualität.

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Der Song thematisiert Selbstdarstellung und -akzeptanz. Dabei spricht Rosalía über das Freiheitsgefühl, das damit einhergeht. Eine Freiheit, die Rosalía zufolge durch Tabuthemen oft eingeschränkt wird. Ein weiteres Tabu, das sie brechen will, ist die weibliche Sexualität, über die ihrer Meinung viel zu selten in aller Ausführlichkeit geredet wird. Der Grund, weshalb sie Themen wie Sex und Erotik in einem Song wie „HENTAI“ anspricht. Im deutschen „Rolling Stone“ erklärt die 30-Jährige deshalb: „Weibliche Energie, Weiblichkeit überhaupt, besitzt eine erotische Überlegenheit. Warum nicht aus dieser Position heraus einen Song schreiben, in dem man seine Begierden artikuliert?“

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Karol G

Weiblichkeit als Stärke sehen, genau das ist auch Karol Gs Ding. Sie nutzt ihre Musik, um über starke Frauenrollen in einem männerdominierten Business zu sprechen. In einem Interview mit „get to text“ erläuterte die Sängerin die Schwierigkeiten, die Frauen in der lateinamerikanischen Musikbranche haben: „Zuerst dachte ich, dass es für mich einfacher sein würde, weil es nicht viele Frauen in der Branche gab. Aber als ich anfing zu arbeiten, verstand ich, warum die Dinge so waren, wie sie waren.“ Dem möchte sich die Sängerin mithilfe ihrer Musik etwas entgegensetzen.

In „Bitchota“ singt sie über die Macht von Frauen und dass sie machen können, was sie möchten. Der Titel „Bitchota“ ist ein Wortspiel der Künstlerin. Der ursprüngliche Begriff „bitchote“ ist ein Jargon, der übersetzt „hohes Tier“ bedeutet und als eine Bezeichnung für „starke Männer“ verwendet wird. Durch das „a“ am Ende wollte Karol G eine weibliche Version erschaffen, die für starke Frauen stehen soll. Dazu gehört für die 32-Jährige auch die weibliche Sexualität, über die Karol G in ihren Songs ebenfalls offen spricht. Zu Kritik demgegenüber sagt sie im bereits genannten Interview: „Warum soll ich meine Ausdrucksweise einschränken, nur weil ich eine Frau bin?“

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Zur Verlobung: Rosalía und Rauw Alejandro sind RR

La Cruz will, dass wir uns mit seiner Musik richtig gut fühlen

Ein weiterer Reggaeton-Künstler, der für Repräsentation im Genre steht ist La Cruz. Der Sänger nutzt seine Musik, um über Queerness zu sprechen und mehr Akzeptanz rund um das Thema zu schaffen. In Songs wie „Ti conocí bailando“ (zu Deutsch: ich habe dich beim Tanzen kennengelernt) singt La Cruz über queere Sexualität und Liebe. Der 25-Jährige aus Venezuela erklärte auf seinem YouTube-Kanal, er wolle, dass sich LGBTQ+-Menschen beim Hören seiner Tracks frei und gut fühlen sollen.

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In einer Interview mit „Viva Latino“ sprach der Sänger darüber, dass die Musikindustrie mehr Repräsentation der LGBTQ+-Community benötigte und er mit den Stereotypen, die oft ebenso durch Musik vermittelt werden, brechen möchte.

Maria Becerra: Female Empowerment

Auch Maria Becerra möchte mit ihrer Reggeatonmusik für Female Empowerment, bisexuelle Liebe und Lust werben. Ihre Karriere startete durch ein fünfminutiges Video auf Facebook, in dem sie einen parodistischen Monolog hielt und Klicks im Millionenbereich erlangte. 2019 veröffentlichte Becerra dann ihre Debüt-EP 222. In ihrem 2022er Projekt LA NENA DE ARGENTINA steht neben Liebe und Herzschmerz erneut die Macht von Frauen im Fokus.

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Mexikanischer Präsident fordert kostenloses Bad-Bunny-Konzert