Gefährliche Spiele


Popstars und ihre Cameo-Außritte in der Multimedia-Welt eine riskante Angelegenheit. Manche Musiker machen ihre Sache anständig, andere rutschen auf dem virtuellen Parkett schmerzhaft aus ...

In der Welt der Computerspiele herrschen andere Regeln als im Musikbusiness. Hier heißen Helden Mario und tragen Schnauzbart. Mancher Musikmanager schielte dennoch neidisch auf die fetten Gewinnmargen der Spieleindustrie. Deshalb wurde im Lauf der Jahre kräftig ausprobiert, ob sich große Pop-Namen nicht gewinnbringend in der Gameswelt verkaufen lassen. Bis zum Boom von „Guitar Hero“ meist mit mäßigem Erfolg; viele Spiele stießen bei Gamern und Fans gleichermaßen auf Unverständnis. Ein Streifzug durch die prägnantesten Tops und Flops:

David Bowie im „Labyrinth“

Tief in der Mottenkiste der Computerhistorie finden wir das erste Spiel mit echtem Starauftritt: „Labyrinth“ von Lucasfilm Games erschien 1986 für PC und Heimcomputer. Das Spiel zum Jim-Henson-Kinofilm war krude: eine Mischung aus Text- und Grafikabenteuer, Adventurespiel und einem teuflischen 3D-Labyrinth. „Zak McCracken“-Programmierer David Fox produzierte, Douglas Adams schrieb das Storyboard. Wer das Labyrinth durchquerte, stand vor der gepixelten Figur des Meisters „Jareth“ alias David Bowie. Das Pixelmus galt damals als „tolle Grafik“ und verhalf Bowie zu einem spürbaren Popularitätsschub bei Heimcomputerkids.

Michael Jackson in „Moonwalker“

1990 entwarf der „King ot Pop“ sein eigenes Videospiel: Michael rettete kleine Mädchen aus den Fängen von Schlägern, in dem er die Bösewichte an die Wand tanzte. Als Special Move fungierte natürlich der „Moonwalk“. Die Grafik war für damalige Verhältnisse anständig. „Moonwalker“ erschien für alle Heimcomputer und Videospielkonsolen und kam später sogar als Automat in die Spielhallen. Rein gutes Spiel, streckenweise unfreiwillig komisch, abcrein beachtlicher kommerzieller Erfolg.

„Power Factory feat. C & C Music Factory“

Für die Spielekonsole Mega Drive erschien 1992 ein schickes „Sega CD“-Laufwerk. Für das Luxusteil mussten nun Spiele her. Eines hieß „Power Factory Featuring C&C Music Factory“. Der Spieler versuchte sich als Videocutter der Songs „Gonna Make You Sweat“, „Things That Make You Go Hmmm…“ und „HereWeGoLet’s Rock & Roll“. Spielspaß suchte man vergeblich, die Videos waren grausam grobpiNclig, das Gameplay wirkte hingepfuscht. INXS und Kriss Kross wurden nach demselben Muster „versoftet“. Die großen Namen halfen nix, die Serie lag wie Blei in den Läden.

Peter Gabriel launcht „Xploral“

1993 präsentierte Peter Gabriel seine Version eines Computerspiels. „Xploral“ sollte das Album I’S promoten. Dabei legte man keinen Wert auf Action, sondern aufs Erforschen unterschiedlicher „Klanglandschaften“ und der hauseigenen Real-World-Studios. 100 Minuten Video und 30 Minuten Audio brachten Peter-Gabriel-Fans zum Sabbern. Die Optik des Spiels war für damalige Verhältnisse exzellent, das Spieldcsign eher mau. Xploral erschien für Mac, CD-i und PC. Der Nachfolger „EVE“ floppte 1996 gnadenlos.

Britneys „Dance Beat“

Nachdem die Spiee Girls mit dem „Spiee World“-Film und einem schlampig programmierten Spiel großflächig gescheitert waren, versuchtesich2002dieBritney-Spears-Marketingmaschine an einem Playstation-2-Spiel. Statt neu zu entwickeln, setzte man auf die populäre japanische „Bust a Groove“-Serie. Der Spieler steuerte einen Tänzer, in dem er im Takt Knöpfchen drückte. Sogar hartgesottene Fans taten sich schwer, das Spiel mittelmäßig zu finden. Vor allem, weil man nie Britney selbst spielte, sondern immer nur einen ihrer acht Tänzer. Nach nur fünf Songs war Schluss – mehr hatte Britney damals nicht auf der Pfanne.

Handfeste Beats: „Defjam“

Die Def-Jam-Spieleserie ist die einzige, in der die Mischung „Musiker als Spielestar“ restlos aufging. Vielleicht liegt’s am simplen Prinzip: In „Def Jam“-Spielen geht’s ausschließlich um Kämpfen, Kickboxen, Kampfsport. Big Boi, Ludacris, Sean Paul, Ghostface Killah, Method Man, Snoop Dogg und Busta Rhymes u.v.a. kloppen sich herzhaft auf dem Bildschirm. Das kam gerade in den schmerzfreien USA gut an. Drei Teile sind bislang erschienen: „Vendetta, „Fight for NY“, „Icon“. Die Spiele, die mit dem Games-Schwergewicht Electronic Arts entwickelt wurden, erschienen vornehmlich für Konsole. Der letzte Teil „Icon“ ist noch heute für PS3 und Xbox360 erhältlich.

50 Cent „Blood on the Sand“

Rapper 50 Cent beweist zum zweiten Mal, dass ein dickes Ego und eine Vorliebe für Shooter nicht unbedingt einen guten Egoshooter ergeben muss. Das brandaktuelle „Blood on the Sand“ spielt in einem arabischen Land; Fifty und die G-Unit sollen an einem Benefizkonzert teilnehmen. Doch dann wird ihm ein mit Diamanten besetzter Schädel geklaut. Worauf er zur Pumpgun, Granatwerfer und Uzi greift, den „War on Terror“ persönhch nimmt, ein Terroristennetzwerk im Alleingang aushebeh und nebenbei noch die Welt rettet … yeah, right. Die Unreal-3-Engine und ein Deckungssystem entlocken PS3 und Xbox zwar ein optisches Feuerwerk, aber die dauererigierte Heldenpose langweilt sogar Fans. Schon 50 Cents erstes Spiel fiel mehr durch exzessive Brutalität als durch Gameplay auf. Der zweite Teil treibt’s in Sachen Blutrausch derart auf die Spitze, dass das Spiel nicht mal in Deutschland vertrieben wird. Fazit: pubertär.