Joe Strummer – Der Einzelkämpfer


Ein "angry young man" war Joe Strummer sction xu den Zeiten von The Clash. inzwischen ist er zwar älter geworden, doch der Zorn ist geblieben. ME/Sounds-Mitarbeiter Adam Sweeting sprach mit dem notorischen Einzelkämpfer.

Die 80er sind nicht gerade sein Lieblings-Jahrzehnt. Wo er hinschaut, sieht er die traurigen Reste jener Ideale, für die The Clash früher einmal stand. „In zehn Jahren, wenn die Thatcher weg ist und wir zurückschauen, werden wir keinen Respekt haben vor Sling, George Michael und wer sonst jetzt noch angesagt ist – der bekloppte,lackson. Ein Alptraum-Jahrzehnt, und ihre Songs sind Teil des Soundtracks dazu“, ärgert sich Strummer.

Es gab einmal eine Zeit, da hatte Joe Strummer seinen Clash- Ruf zu Geld und sich selbst zu einem reichen Mann machen können. Soweit er sich noch daran erinnert, waren es die Angst vordem alternden Rockstar und die großen Konzertarenen, die Clash den Rest gaben. Kurz vor ihrem endgültigen Durchbruch in den Staaten gingen sie mit den Who auf eine derer „Abschieds“-Tourneen durch amerikanische Stadien. Die Zukunft des Rock’n’Roll, die Strummer dabei sah. bestand aus ältlichen Herren, die für die Ruhmeshalle des Rock’n’Roll Schlange standen.

„Es ging nur um Kohle. Ich guckte mir das an und dachte:, Wenn das das Ende des Weges ist, will ich ihn gar nicht gehen‘.“

Plötzlich aber ist Strummer aus der Versenkung aufgetaucht, um uns wieder einmal zu überraschen. Seine Musik zum Szenefilm „Walker“ ist das beste, was er seit Jahren gemacht hat. und THE STORY OF THE CLASH kommt zu einer Zeit, in der wir bereits daran erinnert werden müssen, wie provokant Rock früher einmal sein konnte. Es handelt sich um ein Doppelalbum mit 28 Nummern, das die Karriere der Band von „Janie Jones“ und „London’s Burning“ bis zu „Radio Clash“ und „Rock The Casbah“ nachzeichnet – die Musik klingt bemerkenswert frisch. Aber Strummer haßt lange Rückschauen. Er redet lieber über seinen „Walker“-Soundtrack. eine zusammengeschusterte. aber ungemein atmosphärische Musik-Mixtur, die von hingefetzten Folk- und Country-Nummern bis zu hüftenwiegenden Samba- und Latin-Swing-Titeln reicht. Strummer hatte mit Regisseur Alex Cox schon bei dessen früheren Filmen („Sid And Nancv“ und „Straight To Hell“) zusammengearbeitet. Cox hatte ihn ursprünglich für eine Rolle in „Walker“ vorgesehen, bat ihn dann aber, stattdessen, die Musik zu schreiben. Das Projekt war zwar ein künstlerischer Erfolg, entpuppte sich aber weltweit als kommerzielle Katastrophe: Der Film wurde von vorneherein in die Programm-Kinos und Mitternachts-Shows verbannt. Sirummer vermutet dahinter politische Motive. Der Film erzählt die Geschichte eines Abenteurers aus Tennessee, der um 1850 eine Söldner-Armee nach Nicaragua führte. William Walker hatte zunächst starke amerikanische Geschäfts-Interessen im Rücken, fand dann aber ein unrühmliches Ende, nachdem er sich zum Präsidenten Nicaraguas erklären ließ.

„Alex Cox fand die Storv interessant wegen der Parallelen zur Gegenwart“, erklärt Strummer. Er selbst ist schon lange von Lateinamerika fasziniert. „Aufmerksam wurde ich durch die sandinistische Revolution von 1979″. erinnert er sich. “ Wir wissen doch alle, daß Amerika die korruptesten Diktatoren unterstützt. Solange es keine Roten sind, ist denen ganz egal, was die treiben. Nur dank Jimmy Carter konnten sie Somoza loswerden. Ein Sieg der Menschen über das Geld. “ Strummers politische Tiraden gründen sich auf profundes Wissen: Sein Vater war Diplomat, der im auswärtigen Dienst den Rang eines „Second Secretary (Information)“ bekleidete. Joe wurde in der Türkei geboren, lebte in Kairo. Mexico City und Bonn. Als seine Eltern (vor Khomeini) nach Teheran und dann nach Malawi gingen, schickten sie ihn aufs Internat.

Vielleicht war es dieses Vagabundieren, das Strummer so ruhelos machte; hinzu kommt der tragische Selbstmord seines Bruders David. Strummers nächstes Projekt ist der Soundtrack zum Film „Permanent Record“, der sich sinnigerweise mit Teenager-Selbstmorden beschäftigt. „Das ist für mich so etwas wie eine Vergangenheitsbewältigung“. erklärt Joe. „Darum wollte ich unbedingt an diesem Film mitarbeiten.“

Was die Clash betrifft, so hat er mit seiner Vergangenheit abgeschlossen. „The Clash hallen nur zu ihrer Zeit etwas zu sagen. Trotzdem möchte ich im Geiste von damals weitermachen. Für mich lebt der Rock’n’Roll. Man darf ihn nur nicht hohl und bedeutungslos machen.“