Kele beim Electronic Beats Festival, Köln


Der ehemalige (?) Bloc-Party-Chef brilliert als Solist.

Wer noch nicht mitbekommen hat, dass Kele Okereke jetzt solo unterwegs ist, dem kann es schwer fallen, den schlicht als Kele angekündigten Bloc-Party-Sänger als ebensolchen zu erkennen. Allein durch sein Erscheinungsbild fällt er nicht unbedingt als indie auf: Baggy Pants, ein Basketballtrikot der Detroit Pistons (Nummer 33, der legendäre Grant Hill), die Haare zu Cornrows auf den Kopf geflochten. Es ist sein erster Deutschland-Auftritt unter eigener Flagge und Kele scheint alles daran zu setzen, mit seiner Live-Band (Keyboarderin, Drummer, Knöpfchendreher) anders aufzutreten als mit Bloc Party. Schon beim Opener „Walk Tall“ steht er breitbeinig vorm Mikrofon und stachelt mit nach oben ausgestreckten Armen die feierwütige Electronic-Beats-Crowd an. Nach dem zweiten Song „On The Lam“ ist klar: Kele bewegt sich so ganz ohne Gitarre viel freier, als man das von Bloc Party gewohnt war.

Er hüpft, steigt ins Publikum herab, flirtet mit der Keyboarderin, als habe er sich nicht vor Kurzem erst als homosexuell geoutet. Die Songs, vor allem „Other Side“ und „Everything You Wanted“, zünden, als seien sie längst bekannte Hits – dabei ist das Album The Boxer noch nicht erschienen. Es ist eine Party, die Kele da veranstaltet, und die Leute sind bei ihm. „I used to play in a band“, kündigt er mit einem schelmischen Grinsen ein Bloc Party-Medley aus „Blue Light“, „Hunting For Witches“ und „One More Chance“ an. Marimba-Beat und Ibiza-Pianohook verhindern das schale Gefühl, das Medleys normalerweise so an sich haben. Und ja, er sagt tatsächlich: „I used to play in a band“. Das Ende einer der wichtigsten Gruppen der Nullerjahre? Keine Zeit für Trauer, nicht jetzt: „Tenderoni“ bringt das E-Werk zum Kochen. Dann die elektronische Bloc-Party-Single „Flux“, clever gesetzt, aber sie geht komplett unter. Einen Rohrkrepierer wie diesen als Abschluss hat dieses wahnsinnige Konzert nicht verdient. Sollten Bloc Party tatsächlich Geschichte sein – Kele solo wäre mehr als ein gebührender Nachfolger.

Albumkritik S. 78, Fotoalbum S. 16

www.iamkele.com